zeitig

Man sagt „die Zeit läuft“ und ich bleibe stehen – will verstehen

sie wird vergehen diese Zeit, ich will sie greifen – begreifen

sie zerrinnt zwischen den Fingern, möchte sie doch halten – behalten

denn sie ist kostbar – schon fast zu teuer

ja unbezahlbar, doch schnell verschenkt

sie lässt sich nicht sparen, bewahren, vermehren – nur nutzen

kann man sie teilen? Sie aufteilen, verteilen, zerteilen – ohne das sie zerbricht

wollt sie mal kosten, auskosten und hab mich verschluckt

bleibt bloß noch husten und schütteln, kurz breit grinsen – hat ja keiner gesehen

so wieder her mit dem Teller, dem Uhrglas und zurück an den Tisch

denn die Zeit läuft

und vergeht

und zerrinnt

und verbleibt doch höchstens unbezahlt

Werbung

auf ein neues

und mir fehlen die Worte

passende, unpassende… hoffnungsvoll und schon resigniert… mit vorsichtigem Blick ins Da und dem kalten Schweiß noch vom Hinter… auf ein Neues, etwas Anderes, vieles Unbestimmte, selten Vorhersehbare… und doch immerwieder schön irgendwie und aufregend, denn niemals noch ein Nur

hach, doch noch Worte gefunden so am frühen Morgen

Anstand nicht mit anstehen verwechseln

anhalten

Luftholen

betrachten

von allen Seiten

erhören

mehr als eine Meinung

nicht vorschnell

beurteilen

nie abschließend

verurteilen

zusammen

sich setzen

gemeinsam

verhandeln

miteinander

untereinander

füreinander

noch einmal

den anderen sich zuwenden, anhalten, Luftholen, betrachten…

in diesem fremd_bekannten Leben

wandernd durch eine neu_bekannte Welt

umgeben von un_bekannten Gesichtern

vernebelt klar, ob Freund

ob Fremd

ob Verwandt

 

ob Du

ob ich

 

denn in dieser meiner neu_verfremdeten

neu_erkannten

un_bekannten

Welt

die könnte sein ein Traum für jene

ein Witz vielleicht sogar für andere

schweife ich dahin

erkenne nichts und niemand wieder

treffe so stets auf neues und damals doch sicherlich einmal bekanntes

 

und frage mich nicht mehr

und denke nicht mehr zu sehr darüber nach

 

denn Sinn und sinn_los

hier und da

gestern, heute, morgen

jetzt, noch nicht, nie mehr

liegen vor mir in sich vereint

verkneult

verklebt

zerrüttet und zerrieben

un_bekannt und fremd_bekannt wie diese LebensWelt um mich herum

 

 

 

hier_kaum_mehr

stete Tropfen um mich rum

die Glocke

Schläge zerstoßen die Gedanken

schon zerfallen

kaum begriffen

fast formuliert

und dann die Glocke

diese Uhr

die Zeit

 

es rast die Zeit_im Stillstand schon

ich weiß alles_ich erinner nichts

du bist mirs wert_wer warst du gleich

immer so voll von Gefühl_dumpf, stumpf, grau in mir

 

da war noch was

ganz sicher

bestimmt

 

voller Erwartung_was soll wohl noch sein

der Weg ist das Ziel_im Kreis nur umher

 

ich werde es tun_was fällt mir nicht ein

 

die Vögel sie zwitschern

die Wagen sie rolln

die Bäume sie winken

es tropft irgendwo

 

 

 

ich soll dich schön grüßen…

… und ich werde das auch immer tun

… in der Stille

… mit aller Kraft

… aus tiefster Seele

… lauthals lachend

… tanzend

… singend

… in Gedanken

… schweigend

… für mich

… an dich

 

… auch wenn du sie nicht mehr bekommen kannst

… so schicke ich sie doch

… Jahr für Jahr

… und Tag für Tag

… ich möchte schön grüßen

… für immer und jetzt

 

ich mag ja Kaffee ganz gern

und wieder sie zwitschern

die Vögel

und laut da lachen

die Kinder

es neigen sich drohend

die Bäume

verwirbeln sich wild

Blumen und Haar

 

nur leider da rauscht

der Verkehr

es wackeln die Gläser

im Schrank

es bebt bald die Wand

vibriert schon der Tisch

erzittern die Seiten im Buch

 

ich mag ja Kaffee am Morgen

und schließe die Fenster

 

bei Sonnenschein und Trübsal blasen

Das Leben hat Kurven, Stolpersteine, Kanten, Mauerwerk, reißende Ströme, Berge und Löcher…

drum nimm meine Hand

ich greife nach deiner

so dass wir einander aufrichten, uns hochhelfen, die Luft uns teilen bevor sie noch ausgeht, uns stärken und schützen, uns stützen und halten…

 

 

 

so hinter Glas und in Gedanken

Stunde um Stunde verbracht mit Lesen

mit Sehen

mit Erfahren

mit Erleben

mit Dazu_Lernen

 

und jede Erkenntnis bringt neue Fragen

bringt die nächste Aufgabe

aber auch die kommende Gelegenheit

 

um zu verbringen Stunde um Stunde mit allem erneut

mit dem Erweitern des Bildes

dem Finden von Neuem

dem Erkennen von Altem

 

denn man lernt nie aus

und so sollte es sein

 

 

früh_gedanken (2)

nun da endlich ist

 

Sonnenschein und Milde

Vogelgesang und KöniginnenGesurr

Nestbau und Bausuche

erste BlütenFarbtupfer neben vergessenem Herbstlaub

LebensWiederbeginn in einem fort

 

werden auch wir sein

im Aufblicken

im Durchatmen

im Zueinanderstehen

im Warten auf Bald

 

Wenn man das Schlechte weglässt, geht’s mir gut… von einem Leben in Floskeln_eine Wiederholung zu Ehren

Meine Oma hatte für fast jede Lebenssituation eine passende Redensart… und so wurde ich auch geprägt durch ihre Teilhabe an meiner Erziehung und wuchs auf unter ihren wachsamen Augen, mit dem Reglement von Herrn von Knigge, stets gepaart mit einprägsamen Floskeln und dem Hinweis langsam und laut zu sprechen – nicht dass mir dies je gelungen wäre; ich sprach stets zu schnell und zu leise, später oft zu laut, aber immer noch zu schnell…

Zog ich nun eine Schnute, da mir was nicht passte, hieß es also „Da ist die Zuckerpuppe von der Bauchtanztruppe…“

Ein Streit unter Geschwistern wurde mit „Ein Bruder und ’ne Schwester, nichts schön’res auf der Welt…“ kommentiert.

Hatte ich mich verletzt, so war es „bis zur Hochzeit wieder gut“.

Wollte ich einer Sache mit Argumentation entgehen, wurde ich daran erinnert „warum der Teufel seine Großmutter erschlagen hat“.

Geriet man in Zeitnot so sollte man „nur keine Hektik nicht vermeiden“ und außerdem „fangen morgen wieder Hundert Tage an“.

War ich für bestimmte Dinge noch zu jung, so durfte ich zwar „alles essen, aber nicht alles wissen“.

Am Tisch sitzend, wurde stets darauf geachtet, dass man „den Löffel zum Mund und nicht den Mund zum Löffel führt“.

und so weiter und so fort…

Da wir in einer Welt der Redewendungen zu leben schienen, sog ich diese natürlich nicht nur bei meiner Oma in mich auf.

Noch heute kann ich nicht anders handeln, als mit meinem Gegenüber mein Essen oder dergleichen zu teilen, denn die Schallplatte, die bei uns vermutlich auf Dauerschleife gelaufen sein muss, löste in mir fast schon einen pawlowschen Reflex aus, denn „teilen macht Spaß, wir teilen dies und das.“

Man kann sich natürlich streiten, wie viel Gewicht Floskeln in der eigenen Lebensführung einnehmen sollten und oft genug sind es sicher diese „formelhaften, leeren Redewendungen“, vor denen im Duden gewarnt wird. Doch wenn es darum geht, dass allgemeine Miteinander nach der Prämisse des „behandle andere so, wie auch du behandelt werden willst“ zu gestalten und sich auch durch schwieriger Zeiten nicht unterkriegen zu lassen, denn „am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, so ist es noch nicht zu ende.“ haben manche klugen Sprüche durchaus ihre Daseinsberechtigung.

Und wenn es nur darum geht unbequemen Fragen, wie die nach dem eigenen Wohlbefinden mit den Worten „wenn man das schlechte weglässt, geht’s mir gut“ zu umwandern, damit man sich auf die schönen Dinge konzentrieren kann, so wie Oma es letztendlich tat oder eben das Gespräch mit einer augenzwinkernden Aufforderung zur Tätigkeit zu beenden durch den Ausspruch „mach heute noch was, dann brauch ich es nicht zu tun.“

Eine Weisheit für jede passende und unpassende Gelegenheit liegt auch mir tagtäglich auf der Zunge und ich werfe ungefragt mit diesen um mich. Denn man sollte ruhig angesehenen Menschen mit ihren ebenso ansehenswerten Aussagen huldigen…

schließlich sagte schon Heine: „Weise erdenken neue Gedanken, und Narren verbreiten sie.“

 

an dich denken

wenn der Moment näherrückt

da Du gingst

gehen musstest

da Du mich und uns alle

in dieser Welt zurückließt

sind sie stets dunkler

die Tage

 

denn dann

denn nun

in diesen leeren Tagen des Jahres

zu diesem Jahrestag

an den ich nie zu denken hoffe

den ich nicht vergessen kann

stürzt das Vermissen wieder auf mich ein

 

Du warst einer der liebsten

der wichtigsten Menschen

nicht nur für mich

und so trage ich Dich im Herzen

in Erinnerungen

die ich niemals zu vergessen gedenke

nicht vergessen will

 

und drum ist es fast leise das Gefühl des Verlusts

doch nun an diesen Tagen

bevor

kann ich nicht an Dich denken

ohne dass es schmerzst

ohne das Vermissen

ohne dass Du fehlst

 

 

 

 

 

 

 

 

ist das noch kunst

… um die frage zu beantworten, muss ich weiter ausholen… wer hätte das gedacht…

denn kunst_machen und künstler sein

sind ja nicht unbedingt dasselbe paar schuhe

und das ist auch vollkommen in ordnung so, nicht jeder ist ein künstler,

aber wir können alle kunst hervorbringen,

es macht freude,  ist zuweilen eine form des ausdrucks der gefühlswelt

– für manch einen die einzige –

es hat notwendigkeit,

es ist bedeutungslos,

es das wichtigste,

es ist alles,

es ist nichts

und wenn ich nun mal wieder die gedanken, die sätze wären und waren zerreisse

der betonung willen

ist das vielleicht sogar geplant

 

aber eigentlich wollte ich etwas über die künstler sagen, die mich beeindrucken, die ich bewundere, denen ich so gerne nachstreben will… was sie verbindet, ist diszipliniert zu sein – sie arbeiten, sie arbeiten sich ab in ihren kunst_feldern, sie erarbeiten es sich und lassen es so einfach aussehen… aber sei es nun musik, film, schriftstellerei… es ist harte arbeit, es ist ihnen wichtig und lässt ihre form der kunst dadurch uns – den zuhörenden, zusehenden, lesenden – wichtig werden…

 

 

unter besuch

der Pott Kaffee

griff_bereit

die Gedanken blitzen

auf

die Finger auf den Tasten

die Worte im Bildungs_

die Finger neben den Tasten

_prozess

und wieder

werde ich angesprochen

 

die Finger unter dem Tisch

der Kopf im Nacken

die Augen gerollt

 

zumindest der Kaffee war bereit

 

 

mir ist nach zitieren heut (6)

„Verändert sich etwas am Wesen des Menschen, wenn er eine Richtung seines Lebens ändert? Auf diese Frage komme ich jetzt das erste Mal; ich hatte es bislang als selbstverständlich angenommen und also die Fragestellung nicht bemerkt, die doch auch eine verneinende Antwort zuläßt.“

(Franz Fühmann)

die Füße

…die tragen (sollen)

werden nicht müde ihren Unmut lauthals mitzuteilen

brennen, stechen, erfrieren, überhitzen

voll Taubheit und Überreiz

nur Schmerz

ob Tag

ob Nacht

 

…und dafür bin ich dankbar

 

…denn Füße

die kaum mehr tragen (können)

werden es noch tun

solange sie jedem, der fragt

das Gegenteil beweisen (wollen)

 

 

neben_bei

hier in erhobenen kellerräumen

sitzen wir und reden

große worte

für noch größere gedanken

wichtige einsichten

hinter verschlossenen türen

umgeben von spiegeln

 

und neben uns in gutbeleuchteten kellerräumen

sitzen sie und reden

wiederholen sich wie wir

über ihre großen gedanken

über ihre wahrheiten

über sicherlich wichtiges

hinter nicht minder verriegelten toren

 

und nie werden wir uns begegnen

nie austauschen

nie voneinanderlernen

können

 

denn türen und köpfe gehören geöffnet

gehören bereit

willig auch zu erfahren

was man nicht kannte

nicht kennen kann

 

 

 

 

weg_Weiser

nun gibt es Schilder

endlich

keine Möglichkeit mehr sich zu verlaufen

wenn man bleibt auf vorgegebenen

auf ausgetretenen Pfaden

der Wald geformt

die Wege zu den interessanten Stellen nur

mit Sitzbank und Ausguck

 

denn nun gibt es Schilder

gibt es Wandrer

überall

man trifft sich

man grüßt

auf ausgetretenen

auf festgelegten Pfaden

mit klarem Ziel und ohne Umweg

 

mit_Leben

nicht nur über_leben

nicht mehr nur kämpfen, schreien, sich verzehren

nach all dem was_wohl_mal_war

nach was_doch_aber_eigentlich_sein_sollte

sondern ein mit_Leben

mit dem was_nun_ist

mit was_noch_sein_wird

ohne Angst vor dem was_sein_könnte

 

nicht immer so einfach

auch_in_Ordnung

geht jedem so_jedem_so, auch denen ohne_Erschwernisse

nur zugeben werden es die wenigsten

auch normal

 

nichts_zum_vergleichen

schwer_zu_verstehen

nicht nötig

fast ein_mit_leben

dieses Leben damit

 

ein gedanke, nenn es dankbarkeit

für all die kleinen dinge

für alles große

für die lieben

für die liebsten und unliebsameren (mit-)lebewesen

für die verantwortung

für das vertrauen

für die hilfe

für die guten erfahrungen und auch die weniger guten

für das bekannte, erkannte, fremde und das ungewisse

für jeden moment der war

und noch kommen kann

 

 

tRäume

ich erblicke dich

…perfektion

da niemals ganz, da mehr als zuviel

…und da standest du

…und da wiegte dein haupt

…und da sang dein leib

…und da bebte meine stimme

 

…und

 

…dann war ich abgelenkt

durch einen gedanken

oder auch zwei

und alles was war, was blieb, was je sein würde

ein schatten, ein schein, eine erinnerung

mein wunsch

ein traum

 

in Erwartung der Stille

im Hoffen auf, beim Erwarten dass, dem Sehnen nach

einer Stille, meiner Stille

ohne Stillstand

einatmen

 

und über mir des Nachbarn Schritte

und neben mir das Kühlschranksurren

und um mich rum der Straßenverkehr zu nah

eins, zwei

 

ein stetig beben

ein ständig vibrieren

ein haltloser Lärm

ausatmen

 

ein senken, versenken, versinken in sich

in mich

für’s erste

ruhen

 

 

 

Schatten_Lichter

es ist schwer zu beschreiben

beinahe unmöglich

denn kaum verständlich

meist nie verstanden

selten gesehen

nur aus dem Augenwinkel

 

ja und die Welt vibriert

oder bin ich es

nein, nur der Verstand

 

ja und die Zeit steht still

nein, sie zerriss

zersprang erst gestern

gerade eben

vor vier Jahren

 

und ich sehe dein Lächeln

lausche den Worten

erkenne dich nicht

doch du bist meine Freundin

 

ja und ich weiß es

nein, ich bin nicht

ich war nie

werde nie mehr

sein so wie einst

 

denn es ist schwer zu beschreiben

und nie zu verstehen

im Schatten versteckt vor dem Winkel der Augen

brüchig

Gedankentürme

aus Wortmauerwerk

mit Silbenmürtel

umgeben von See

 

den Mund fest verschlossen

es hebt sich die Brust

ich schließe die Augen

und

tauche

hinein

zu wehren der Monster

die wallend, die tobend

bedrohen

das H a u s

 

denn Gedanken, wie Hoffnung, wie Träume, wie w i r

sind stark, doch zerbrechlich

sind groß und zu klein

wenn gar achtlos betrachtet

fast haltlos

schon S

t

e

i

n

 

 

 

 

 

 

 

 

schon wieder besseren Wissens

und dann kommen die,

die es besser_wissen

im Mantel des gutgemeinten Ratschlags

in der Deckung der helfenden Hand

und ich greife danach

und ich schlage danach

und ich suche danach

und verstecke mich davor

und wider besseren Wissens

mit vor Stolz gesenktem Blick

im selbst_gewählten Widerspruch

schlage auch ich ja Rat und Räder

Gedankensplitter

einst erwachte ich und hatte die Zeit verlegt

den Raum verkannt

wie blind gezogen

durch unbekannt bekanntes Feld

mit nicht mehr neu entdecken

mit immer neu vergessen

 

einst erwachte ich verloren im Raum

verschluckt in der Zeit

nein, nicht in der Zeit

daneben, dahinter, davor

zeitlos mit Momenten wie Tagen

mit Tagen zersplittert in Momenten

 

einst erwachte ich

am Ende vor dem Beginn

und wieder von vorn

und nie mehr zurück

dem weißen Kaninchen hinterher

oder verfolgte es mich?

 

 

 

 

keiner siehts. eine(r) spürts

das man nicht die Augen verschließt – nicht vor der Welt, nicht vor sich selbst

das man sich vor Vorwürfen schützt – gegen die der Welt, gegen die eigenen

das man erkennt alles wird gut – auch wenn es nie mehr so sein kann

das man versteht man ist nicht allein – obgleich es sich so anfühlt

das man sich erlaubt auch mal allein zu sein, traurig zu sein, enttäuscht zu sein, es nicht zu verstehen, zu vermissen was war und nicht wieder kommt, wütend zu sein, verzweifelt, verängstigt… kein Sein im Hypothetischen – man vergisst es zu oft,

das Du, das Wir, das Ich…

doch auch das ist wichtig, das Reale, das Pronomen im Du, im Wir, im Ich… denn ja du bist stark – so viel stärker als du selbst je vermutet hast – und doch kann es sein – wird es sein – dass du dich umblickt und die Welt nicht mehr erkennst – von der Welt nicht mehr erkannt wirst. und all das ist normal und all das gehört so und all das musst du verstehen – einsehen – für dich selbst – für alle anderen. und nein, du bist nicht allein – auch nicht im Wir – doch ein jeder erlebt es anders – niemand ist gleich – nicht im Leben, nicht in der Welt, nicht im Gesundsein, nie in der Krankheit…

Heute ist Welt-Multiple Sklerose-Tag

 

es gibt da so Tage

es gibt da so Tage

so Momente

nicht viele

zum Glück

 

was?

nein das kann nicht sein

oder doch?

wenn du das sagst, muss ich dir wohl glauben

 

und dann brannte das Zimmer

ja aber nur beinahe

und dann flutete ich die Wohnung

ach, so oft kam das nun auch noch nicht vor

 

woran sollte ich denken?

wie sah es noch gleich aus?

muss ich das wissen?

sollte ich das erinnern?

 

und wer ist diese Frau?

die zerfallene Frau da drüben

da fast ganz nah

da im Spiegel vor mir

 

denn es gibt da so Tage

die gehören dazu

doch sind es nur Tage

nur Momente, nur Ausschnitte – nicht alles, nicht immer – nur so Tage, nur so fast

weiter, weiter

ich dreh‘ mich nicht um

denn ich seh‘ nicht um mich

sonst müsst‘ ich erblicken

was mich würd‘ halten zurück

 

drum geh ich nur vorwärts

und bleib niemals steh’n

denn ich könnte erstarren

und nie mehr weitergehen

 

doch es soll nur nach vorne

und niemals zurück

kein Zweifeln erlaubt

beim Suchen, beim Finden, beim Hoffen, beim Träumen…

 

 

nach_sinnen

nun da die Kraniche zurück sind,

erinnere ich mich meiner liebsten Zeit

nun da die Störche ihr Nest erneut bestücken,

sinne ich mich nach damals

 

und es ist ein Suchen und Sammeln

ein Herzen und Wachen

ein Teil vom Ganzen

ein Lüftchen im Haar

 

eine Erinnerung an Vergangenes

ein nun mehr Beobachten, ein Lauschen, ein Ahnen

und auch wenn es nie mehr wird sein, wie es einst war

es ist und bleibt ein Hochgefühl

 

man sagt

man sagt so viel und meint noch mehr

 

man sagt man ist und meint man war

man sagt man sei und denkt man wär

man sagt man kann und träumt man könnte

man sagt man wird und hofft man würde

man sagt man muss und wünscht nur müsste

 

man sagt… man sagt…

man sagt so viel, wenn der Tag nur lang genug ist

 

alles im nichts

in dem halbgefüllt zerbroch’nen Glas

ruht brodelnd nebelklares Wasser

 

im bedrückend leichtem Gang

wiegt dies erstarrte Sein

 

zwischen bunt begrauten leeren Unmengen

liegen offen die zu weit unbekannten Größen

 

und in all so wicht’gen Kleinigkeiten

verlieren sich gefund’ne Wünsche

offenbar_

offenbar ist es offensichtlich

heißt es ist richtig

es ist bekannt

es ist klar und eindeutig

 

heißt es, es ist offen?

soll es heißen, es ist so gemeint?

ist es ein Ist?

muss es nicht doch eher Scheint?

 

offenbar scheint es offenkundig

sollte es in aller Munde

gehört es bedeutsam

und endet auf _ung

(fast noch) in der Frühe

und nun sitze ich hier und genieße den Morgenkaffee

in der Morgensonne

umgeben von Morgenkälte

 

und nun sinne ich all dessen

was da ist gut und beschaulich

was da gehört niemals vergessen

 

und nun umspielt die Lippen ein Lächeln

ein Glänzen im Auge

ein Öffnen vom Geist

 

und schon zieht herauf der düstere Himmel

der beißende Wind

die Gewissheit vom Müssen, von Alltag, von Pflicht

 

und kurz will es fallen

das Lachen in mir

mich trüben, bedrücken, beengen und mehr

 

und doch wird es Sein ein Morgen wie immer

und doch ist es gut, auch wenn es nichts nutzt zu hoffen, zu bangen, zu warten aufs Neu

und ein Schluck noch vom Kaffee, ein Blick hin zur Sonne, ein Freuen des Zwitschern der Vögel im Strauch

 

und bald schwindet der Morgen

wie Stunden im Glas

nun will ich ihn starten

letztendlich den Tag

 

 

(viel) geschafft

ach, was man nicht alles tut, um nicht das zu tun, was man tun sollte…

 

drum freu dich über die geschäftigen Stunden, um zu tun, was zu lang liegen blieb

um zu beachten, was stets vergessen

um zu erkunden, was bisher übersehen

um zu erkennen, was zu oft ignoriert

 

denn wenn man so viel schafft, obgleich man doch bloß etwas anderem auszuweichen sucht, dann doch möglichst all das, was man sonst nicht tut, obwohl es getan gehört…

ja, aber

so ganz im Vertrauen, aber bitte verrate es nicht, behalte es einfach für dich…

denn man hat mir erklärt, denn ich habe gehört, denn ich glaube sehr dass.

 

aber sag nichts dazu, du verstehst es ganz falsch, so reg dich nicht auf…

denn sie hat mir gesagt, denn er hat es gemeint, denn wir haben entschieden.

 

klar hast du recht, ich verstehe dich voll, doch bitte bedenke…

sag es nicht weiter, es geht keinen was an, ich vertraue nur dir.

 

ja, glaub es, sie hat glatt gedacht und dann ich… und dann er… und also wir…

was weißt du denn schon, wir bitten dich sehr, so hilf uns doch bloß, behalt es für dich.

 

kein Für

kein Wider

ein immer immer Wieder…

früh_Gedanken

… und wenn also das Leben nur noch von vergessen geprägt scheint und alles, was bleibt lediglich ein Nachbeben, ein Schatten im Augenwinkel, ein ungreifbares, ein unbegreifbares Etwas… bloß ein Gefühl ist, dann soll dies auf immer ein positives bleiben!

… und so wird es im Herzen getragen werden, in den Augen zu finden, vom Mund abzulesen sein,

… denn ich möchte es teilen,

… dann wird es bewahrt.

… und wenn also mein Leben vergisst, so wird es doch gelebt und geliebt

das postive Gefühl…

unsere letzten Worte

und nun bald nach zwei Jahren ohne Dich kann ich es nicht vergessen unser letztes Gespräch…

„Opa fragt, wann du das nächste Mal herkommst.“ „Im März… Ende März…“ „Das ist schön, dann können wir auf der Terrasse sitzen, dann ist es schon wärmer… so, mach noch was heute, dann brauch ich‘s nicht zu tun“ „Ach ich weiß nicht… keine große Lust.“ „Opa meint, du kannst deine Freundin mitbringen.“ „Ui, ehm, ich frag sie mal… allerdings wollte ich lieber für mich wandern.“ „Ja, das machst du richtig… mach heute noch was, dann brauch ich es nicht zu tun.“ „Wir können uns die Arbeit ja teilen, dann brauchen wir beide nicht so viel zu machen.“ „Ja, das stimmt. Gut, mach heute Abend noch was, dann brauch ich es nicht zu tun… ich hab nämlich keine Lust dazu.“ „Da sind wir schon zu zweit… macht‘s gut.“ „Schlaf schön.“ „Ja, ihr auch.“

…vielleicht sollte ich mich fragen, ob ich es hätte ahnen sollen, dass wir es nicht mehr schaffen würden noch einmal zusammen auf der Terrasse zu sitzen – Kaffee zu trinken, Halma zu spielen oder Karten, über Nichts zu reden und über Alles, gemeinsam zu lachen und zu schweigen…

…ich brauche mich nicht zu fragen, ob ich es hätte ahnen sollen – ich wusste es genau! und unser Gesprächskreisel drehte sich aus Verzweiflung – aus Deiner, da Du nicht mehr recht wusstest was Ist und was Wird und aus meiner, da ich nicht loslassen wollte…

…es ist so merkwürdig ohne Dich, denn ich kann Deine Nähe stets spüren. Du begleitest mich und ich erzähle Dir noch immer Alles und Nichts – ich kann Dich nicht vermissen, denn ich will Dich nicht vergessen…

…nur wenn ich zurückkehre zu diesem nun so leeren und doch nie unbewohnten Haus, zu dem Zuhause, in dem ich immer Zugast war und es nun nicht mehr sein will und doch muss.
Das Haus mit den Zurückgelassenen, den ohne Dich verlorenen Seelen.
Das Haus, das immer gleich war und nun nicht mehr zu erkennen ist.
Das Haus, in dem ich Dich nie spüren kann, in dem mir auffällt, dass Du fehlst… wenn ich mich dann erinnere… wenn ich Dich vermisse… wenn ich mir dann doch für einen Moment wünsche, ich hätte mehr aus unserem letzten Gespräch gemacht.

 

 

 

mit dir

Mit dir als Vorbild

 

Bin ich eins mit der Welt

Sehe ich klarer denn je

Habe ich den Mut voranzuschreiten

Durchströmt mich Kraft

Will ich höher hinaus

Werde ich immer ehrlich sein

Kann ich den Lieben, den Bekannten, den Fremden entgegentreten

 

Kann Lachen, darf Weinen

Bleibe stark

Bin schwach ohne Reue

Habe Geduld, nehme mir Zeit

Werde leben im Hier, im Jetzt, nie zurück, stets nach vorn

 

Mit dir als Vorbild könnte ich so vieles…

Wie zahlreich

Wie zahlreich sind doch die Dinge,

 

die ich begehr – deren ich nicht bedarf

die da erscheinen überwältigend interessant – die da werden allzu leicht übersehen

die da sind so klar – die stets bleiben unverstanden

die da gehören übergroß – die sind mehr Schein als Sein

 

 

die leuchtend – die blendend

die notwendig – die nutzlos

die traumhaft – die verzerrt

die Hin – die Her

 

die weder schwarz noch weiß

die da grau in grau

die da alle sind menschlich

und nun endlich

und der Blick stiehlt sich durch noch halbgeschlossene Lider

sucht den Spalt nun zwischen Beistelltisch und Gehhilfe

sehnt sich nach Licht

 

und der Blick findet den Weg über Deckenwellen im Nachbarbett

noch leicht verrückt von Kabeln und Chrom

von Stahlgerüst und Hartplastik

 

und der Blick zieht hinweg über blau-grau gestreifte Bezüge

schwarze Stuhllehnen

weiße Vorhänge

 

und der Blick findet endlich die mächtigen grün-belaubten Bäume

die da säumen den Weg

die da winken mit wilden Ästen

die da wanken unter bunt-betupften Wolken

die da mich schließlich zum neuen Morgen begrüßen

 

 

ein…

ein Leben hat Kurven – nicht immer sanft, nicht immer im Gleichklang mit den Lebensträumen… mit den Wünschen und Vorstellung…

ein Kreisel allzu oft – ein Strudel gar, ein Sog in Unklare, ins „Wer weiß was kommt?“…

ein Hoffen und Bangen – ein Festkrallen ans Gewohnte, ans doch so deutlich Vorbestimmte…

ein Stoßen auf Hindernisse – auf Mauern, Gräben, aufklaffende Mäuler mit scharfen Zähnen und spitzen Zungen…

ein…

ein Leben hat Kurven – die sanft werden, blickt man nicht nur noch zurück, lebt man im Hier und Jetzt, nimmt man sich dem Neuen an…

ein wieder Träumen…

ein neue Wünsche haben…

ein andere Vorstellungen entwickeln…

ein Recht zu Hoffen…

ein sich nicht nur Fügen – ein Kämpfen für sich und was geliebt wird…

ein niemals Aufgeben…

und ich warte

Ich warte aufs Warten

Auf eine Klärung der Gefühle

Auf die Gefühle selbst

Auf den Moment

Den Zeitpunkt

Festgesetzt und unverrückbar

Das Unaufhaltsame

Das… ich weiß nicht recht

Bin eingefroren im Augenblick mit dem Blick zur Uhr

Gehalten im Warten

Ich warte auf die Zeit danach

Auf wenn ich erneut warten werde

Unheilbar Optimistisch

Manchmal, inzwischen öfter als das, ist es hart… in einem Leben zu existieren, welches nur als zu oft Haken schlägt, um schwindelerregende Kurven zieht und einem fast durch die Finger zu rinnen scheint.

Man muss auf fast zu hohe Berge, über beinahe zu knappen Brücke, durch zum Teil zu tiefe Täler und wieder von vorn…

Man hat den Alltag und was das Leben so verlangt stets vor Augen und es erscheint so einfach nicht zu kämpfen… es wäre doch so viel leichter aufzugeben, sich zu ergeben… doch!

Es muss einem egal sein, was manch anderer denkt, zu wissen glaubt, für Erwartungen stellt…

Krank zu sein und sich ständig dafür erklären zu müssen, Angst zu haben immer abhängiger zu werden, sich als weilen hilflos zu fühlen, sollte und darf und wird die Lebensfreude, die Neugier, den Spaß, die Hoffnung, das Lachen, das Träumen… den morgigen Tag nicht nehmen!

Heute ist Welt Multiple Sklerose Tag.

in Szene gesetzt

„Warum schreibst du nicht?“, fragt die geliebte Muse, die Liebe, sein Anfang, sein Ende.

Seine Antwort ist Schweigen… ist lauthals schreiend alles zu sagen ohne ein Wort… ist Nichts, was sich zu Papier bringen lässt.

„Wieso nimmst du nicht einfach die Feder zu Hand und lässt dies Werkzeug dein Tun lenken? Es muss nicht sinnvoll sein. Es muss nicht zur großen Kunst evolvieren. … Nur schreib!“, zischt sie nun beinahe.

Der Autor sieht nicht mehr in ihre Richtung… hat sich abgewandt… untermauert sein Schweigen mit Körpersprache, mit deutlicher Unteilhabe am Gespräch.

„Du wirst es sehen! Federstriche werden zu Buchstaben… Buchstaben zu Silben… Silben zu Worte… Worte zu Sinn… Sinn zu allem Anderen… Alles was für dich zählt… ein Ausdruck deiner Selbst unter gewähltem Pseudonym… Wahrheit im Verborgenen… gewundene Ehrlichkeit in verzerrter Sprache…!“

Sein Gesicht fällt als er sie schließlich anblickt. Als er ihr leer in die so wachen Augen schaut und bezeugt, wie ihr Glanz abzustumpfen scheint. Wie sie immer müder wird… wie sie es leid ist gegen seine Wände anzureden… wie sie die gut gemeinten Ratschläge nur noch versinken sieht im Sumpf seiner Selbst… im Zweifel … wie sie es bald aufgeben wird lediglich sich selbst zu lauschen im einseitigen Gespräch.

„…“

Ein tiefer Atemzug und der Autor ist sich sicher, sie wird ihn verlassen und das zu recht…

Wie erstaunt wird er sein, wenn sie sein ergrautes Haar streichelt, wenn sie ihm Tee bringt, wenn sie sich zu ihm setzt und sein Schweigen teilt, wenn sie mit ihm gemeinsam aufs Erwachen wartet.

Persönlich – Versöhnlich

Gedankengänge im Selbst

So verwunden diese auch sein mögen

Persönliche Erfahrungen

Im so Etwas wie Schicksal

 

Stets mit Bedacht geäußert

Verpackt, verschnürt, verschüttet in Wortspielerei

Geformt, geschmückt, gegossen in Fragenzeichen, in Wunschvorstellung

Im Hoffen

 

Aus sicherer Entfernung

Im Reden durch die Augen Anderer

Durch anonymisierte Dritte

Wahrheiten erträglich durch Verfremdung, Entpersonalisierung, durch ein Beiseitetreten vom Sein

 

Betrachtungen

Von außen, vom Innen

Spiegelbilder

So fast schon versöhnlich mit dem Sich, der Welt, mit dem was wohl zu Leben heißt

 

nun nach 424 Tagen

das Alles – noch gleich

das Alles – wie es immer war

das Alles – nach altbekannten Rhythmen

all das… es ist nicht mehr

wird nicht mehr

nicht mehr so ganz

 

bloß noch Spuren vom War

schon ausgedünnt, ausgefranst

bald entrückt, verzerrt, verschoben

 

eine neue Realität, ein Schmerz, ein sich-damit-abfinden-müssen

ein vor-antwortlosen-Fragen-stehen

 

eine viel zu laute Stille

eine unerträgliche Leere im voll besetztem Haus

eine unliebsame Veränderung

ein notwendiger Wandel

 

ein nun – immer –  noch

nach 424 Tagen ohne Sie

.

.

.

Katze4

in der Stille

nun

noch zu Gast?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

und es ziehen die Worte

und es ziehen die Tage

vertrieben fast die Dunkelheit

vergangen beinahe die Kälte

 

ein Ahnen von Wärme

ein nahes Summen schon bald

ein Öffnen der Knospen, der Herzen der Welt

 

es ziehen die Tage

es streift die Zeit

es erklimmen Gedanken den Sinn

 

ertastende Worte

ein Sehnen nach Mehr

ein Frühjahrsgefühl

 

im Selbst_Gespräch Tag 3_Szene im Zug auf dem Weg zurück nach Vorn

zum Rest der Geschichte

Katze4im Selbst_Gespräch

Tag 3

Szene im Zug auf dem Weg zurück nach Vorn

Die Ohren verstopft, sitzt er da.

Sitzt zusammengefaltet auf einem Fensterplatz.

Sitzt eingeengt im übervollen Wagon.

Sitzt vor den leeren Seiten seines Notizbuchs.

Im Kopf noch die letzte Nacht, die sich zog wie Hundert Tage. In Erinnerung – ganz klar, ganz deutlich, fast schillernd – die Fähigkeit zu Schreiben… die Kraft gewählte Gedankengänge in kunstvolle Bahnen zu lenken… die Mittel Worte zu Formen, zu Fügen, zu Halten… das Bedürfnis endlich wieder Autor sein zu wollen… der Wunsch den ausgesuchten Weg zu gehen… die Hoffnung… die Hoffnung… die Hoffnung… auf was nochmal?

Den Füllfederhalter im starren Griff bereit, so wie die unbeschriebenen Blätter im Schoß. Bereit die Gedankenstapel, die Gefühlswirren und Wortgedichte aufzunehmen; sie festzuhalten für die Ewigkeit. Nur, der Autor wagt es nicht dem Schreibgerät die Hand zu führen… bald schon zittern die verkrampften Finger… bald schon stößt er laut seinem Atem aus… bald schon flucht er deutlich hörbar durch verkniffene Lippen… bald schon spürt er die Blicke der anderen Fahrgäste.

Leicht peinlich berührt, packt er seine Utensilien zusammen, wendet sich zum Fenster, betrachtet den Fahrtweg, die Natur, sein Spiegelbild… das Gesicht eines Fremden.

Befremdlich die Züge, die alles Infragestellen… die sich zu wundern scheinen… die unberührt den Wundern gegenüber nur noch Zweifeln, nur noch sind. Die Stirn in Falten gezogen, mit sich fast berührenden Brauen, mit halb geschlossenen Augen, mit schmalen Lippen, die das Lächeln vergessen haben.

Denn in dieser Nacht wie vor Hundert Tagen blieb er erstmals für sich. Blieb er ohne Traum an sie… fand keine Spur von ihr… führte die Gespräche bloß noch mit sich selbst… konnte sich nicht vormachen, sie würde stets an seiner Seite sein – seine Geliebte, seine Liebe, seine Muse.

Unter dem bedrückenden Blick seines fremden Selbst rutscht er weiter in sich zusammen, macht sich kleiner, will versinken… sich verstecken… bis der Fahrgast zu seiner Rechten ihn unwirsch anstößt, ihn finster anblickt, ihn unfreiwillig rettet vor sich selbst.

Nein, er will nicht so sein, wie der Fremde, wollte es nie… ein Verschließen der Augen, ein weiterer tiefer Atemzug, ein Erinnern daran, weshalb er in den Zug gestiegen war… er wird sie wiederfinden – seine Muse, seine Geliebte, seine Liebe – und so auch sich selbst.

Fortsetzung folgt

G lück en Fühl ler

Gedanken wie Ton

gepflückt, geschnitten, gebrochen

aus Klumpen, aus Blöcken, aus Brocken

 

Gedanken wie Kunst

geplant, durchdacht, doch im Affekt

geformt, gezogen, gestreckt

 

Gedanken in Worte

gefasst, schwer greifbar, vergänglich

in Schnörkeln, in Fetzen, voll Fragen an Dich

 

Gedanken mit Gefühl

durchströmt, überschäumend, lückenlos

bloß still, bloß künstlich, bloß stumm

nur die Worte fehlen mir

Wolkenbilder ziehen Geschichten schreibend am  Firmament entlang, bezeugen das unstete Sein, den Wandel, das Leben.

Überwältigende Schönheit im Atem der Natur, in Kreisläufen, in Systemen, im Entstehen und Vergehen.

Ein Hintergrundrauschen, ein Strömen, eine Tatsache, ein Gefühl – immer da – kraftvoll,  beruhigend, aufwühlend… im Willen dies Feuer, die Intensität, die Hingabe ans Hier und Jetzt, ans Damals und Später in Worte zu kleiden, auszuschmücken, deutlich, faktisch fassbar zu machen.

Nur mir fehlen die Worte…

eine kleine Veränderung

Die Novelle ‚An Anfang war‘ (der Arbeitstitel bisher) hatte kürzlich ihrem Abschluss und nun auch einen neuen Titel gefunden.

‚Verloren auf dem Weg‘ ziehen die Protagonisten durchs Leben, ziehen sie durch Stadt und Park, begegnen Bekannten, treffen auf Fremde, stolpern über Wurzeln und Gedankengänge…

Katze4 Verloren auf dem Weg

un_betitelt

unterwegs, weg vom Hier, los vom Sein

auf dem Weg, wagemutig, waghalsig, Wegerich

…wie…

Wegrichtung, Wegunterbrechung, unwegsam

Richtungswechsel, Wegbeschreibung, Ausweg

…immer…

Weggefährte, weg von dir, von mir, von uns

abwegig, ausweglos, Rückweg

…dasselbe…

Umweg, zu Wege bringen

unterwegs, weg von hier, auf dem Weg, zurück zum Wegbeginn

Gedanken_Gang

Das Voranschreiten,

wenn auch nur langsam, verzögert, ausgebremst…

das Weitergehen,

sich dem Unbekannten Stellen, sich Endgegenstämmen, Aufbäumen, Größermachen als man ist…

mutig sein, um Hilfe bitten,

Entscheidungen treffen und daran festhalten, diese verwerfen, wenn angebracht…

sich dem Schicksal fügen, es annehmen, sich darin zurechtfinden, es in die eigene Hand nehmen…

auf dem gesteckten Pfad bleiben, neue Abzweigungen suchen…

Leben.

im Selbst_Gespräch… Szene unter dunklen Wolken

Tag 2

Szene unter dunklen Wolken

Dunkle Wolken, im Zug über blauem Himmel, werfen vereinzelt Tropfen auf ihn nieder.

In Gefahr ein Gewitter zu bezeugen?

Der Autor weiß es nicht, will sich dem Wetter nicht ergeben, ignoriert die Möglichkeit seine, nun endlich, beschrieben Heftseiten könnten aufweichen, könnten die so zaghaft verteilte Tinte verwischen… verschmieren… ins Unleserliche, ins Unwiderrufliche treiben.

Er bleibt sitzen.

Bleibt, wo er ist… wo er sich geborgen fühlt, wenn auch durch die Profanität Regen tragender Wolken bedroht.

Bleibt auf der Parkbank, umgeben von Baum und Strauch… von gelb – braun – grünen Tönen… von Vogelgezwitscher, Bach-Gerausche, Ast-Geknacke… von Wind und Sonne.

Er genießt die steife Brise und fühlt sich fast berauscht, nun da die Worte aus ihm fließen, so wie die Tropfen aus dunklen Wolken über ihm.

Fortsetzung folgt

im Selbst_Gespräch…Szene auf belaubten Wegen

Den letzten Schluck seines zweifach aufgebrühten Kaffees hinterschüttend, gönnt sich der Autor noch einen Blick auf den leeren – den verlassenen – Sofaplatz links von sich; atmet er nochmals ihren allmählich verblassenden Duft ein; führt sich zum unzähligen Male ihr Lächeln vor Augen.

Die Sonne steht nun hoch am wolkenverhangenen Himmel – müsste hoch stehen, laut der Wanduhr – und dem Autor ist nach Flucht. Flucht vor der Leere… der Stille… dem Warten. Er würde tätig werden!

Die müden Knochen erhebend – ein Stöhnen nicht unterdrücken könnend – in die viel getragenen, weil geliebten, Hosen steigend, das leicht zerschlissenene, aber sicher wärmende Hemd unter der schon gebraucht gekauften, dennoch neu wirkenden Jacke verhüllend, zieht es ihn nach draußen.

Er flieht in die kühle Herbstluft… in den Nieselregen… zu den mit Laub bedeckten Wegen.

Das Rascheln seiner Schritte übertönt vom Lärm des Verkehrs, unterdrückt von der Feuchte der Luft – ein schmatzendes Geräusch unter den Schuhen nur zu vermuten – kommt der Autor vor einem Laubhaufen zum stehen, kniet sich ächzend nieder und betrachtet den Blätterberg vor sich. Nicht der Anmut, nicht die Farbenpracht eines goldenen Herbstes – kein Rot, weder in Kamin noch Wein, kein sattes Gelb, kein Ocker – braun, in hell und dunkel, ja grau sogar, bald vollständig vertrocknend auf nassem Boden, löchrig, mit schwarzen Flecken besprenkelt, angerissenen, zertreten; Spuren des Vergehens.

Ein Ahornblatt in Händen und vor Augen ertönt seine, von zu wenig Nutzung und zu kurzer Nacht, brüchige Stimme: „Noch bräunlich oder schon grau?“

„Wieso fragst du mich nach deiner Meinung?“, schmunzelt seine Muse hinter ihm.

„Du hast die angenehmere Stimme.“ Der Autor nun stehend, den Blick in ihre Richtung bringend, die Gestalt seiner Liebe, seiner Muse vor Augen – immer vor Augen – obgleich sie fehlt.

„Übersieh nicht das Grün.“, säuselt sie, wie Staub im Wind.

Die Stirn in Falten, eine Frage auf den Lippen, das Blatt schon vergessen – nicht vermissend – verlässt seinen Griff… segelt kaum… fällt gar, vom Regen schwer, zu Boden. Die erlebte Erinnerung schon verweht, noch bevor der Autor seine Sprache wiederfinden kann.

Ihm bleibt die dröhnende Straße in den Ohren… die Nässe auf der Haut… die Leere… das Schweigen… das Warten.

Katze4dies ist/wird Fortsetzung von „im Entsehen begriffen“

noch zu Gast?

und wieder in diesem Haus

das da unverändert steht seit 20 Jahren

und nichts ist mehr wie früher

und doch ist alles gleich

 

sie fehlt

 

die Zimmer nun im Wandel

ein Umbruch, ein Austausch

für Neues, für andere Menschen

kein Raum mehr für den Gast

 

nur sie fehlt

 

es gilt auszuweichen, klein machen

bloß nicht stören

bloß niemals stören

zumindest das blieb gleich

 

und sie fehlt

 

ihr Platzt ist leer und wird es bleiben

sie fehlt auch mir und darf nicht fehlen

ists unerhört, unerlaubt, unsagbar gar

die Zeit muss es richten

 

doch sie fehlt

 

Teil der „zu Gast“ Reihe

Katze4 in der Stille

Katze4nun

 

 

 

 

 

 

 

denn

Szene mit dem Kopf auf dem Kissen und dem Geist in den Wolken

Dunkelheit, Wärme, das wohlige Gefühl der Sicherheit augenblicklich durchbohrt, zerbröckelt verflogen durch einen Duft.

Nur den Bruchteil einer Sekunde braucht es, ihn zu wecken, angewidert zu sein, durchflutet zu werden von unangenehmen Erinnerungen.

Was ist es, das diesen speziellen Geruch so unerträglich macht, dass keine Brücke geschlagen wird zwischen Odeur und Mief, dass ihm nichts bleibt als aufzuspringen, das geliebte Nest zu verlassen und die Fenster zu zuschlagen?

…  oder eben selbst nach einer Zigarette zu greifen, um aus passiver Belästigung aktives Kurzweil zu machen?

Nicht mitten in der Nacht, nicht nach milden Träumen, nicht hinter verschlossenen Türen – sie würde es nicht gutheißen, dessen ist er sich sicher!

Wachliegend verliert er sich in einer Faszination für Wahrnehmungsunterschiede, die ausgelöst werden aufgrund unterschiedlicher sensorischer Wege in Verbindung mit Erfahrungswerten…

Acetylcholinrezeptoren lassen sich nur zu gerne besetzen, wie es ihm scheint, überdecken so jede Warnung der olfaktorischen Perzeption… doch niemals losgelöst von der bewussten Konsumierung; lediglich ein Toxikum.

Rücksinnen in Kindheitsmomente verbracht in seltsamer Erregung, ja auf der Suche nach diesem speziellen Aroma auf der Rückbank des Familienwagens. Stets vorgebeugt; so nah wie möglich hin zum Beifahrersitz, zur Mutter, welche rauchend und selbstvergessen den Blick nicht vom Tachometer nahm…

Wann geschah die Neubelegung dieses Geruchs? Wodurch kam die Abneigung, die Abwehr, der Fluchtinstinkt oder eben der persönliche Konsum als Gegenreaktion?

Überwältigende Müdigkeit zieht ihn tiefer in die Federn, weg von den Gedankenströmen, hin zu ihrem Parfüm, das ganz ohne sie noch auf dem Kissen liegt.

Ein eigener Wohlgeruch, schwerwiegend, wie der kalte Gestank einer Zigarette zur Nachtzeit. Gleichbedeutend stets fähig ihn aus seinen Träumen zu rütteln, ihn zu sich zu ziehen, ihn in Erinnerungen an bessere, verlorene Zeiten zu stoßen, ihn zurückzulassen in sonderbarer Wehmut… doch in Kontradiktion niemals abstoßend, abschreckend und keinesfalls in Zweifel an sonst klare Gewissheiten.

Doch geradeeben, in dieser Nacht, auf noch nicht absehbare Zeit bleibt er allein mit ihrem Duft… schlaflos, hellwach, gepeinigt von Monotonie, von Sehnsucht.

Nur er selbst und eine leere Betthälfte, die er nie zu stören wagt.

Katze4dies ist/wird Fortsetzung von „im Entsehen begriffen“

Wie beschreiben

Ein Wimpernschlag

Ein Atemzug

Ein Umschauen

Ein Nichterkennen

Ein Knacken hinter den Augen

Ein Rauschen im Ohr

Ein Bröckeln der Fassade

Ein Ruck

Ein Sog zum Strudel abwärts, seitwärts, niemals hinauf

Ins Unbekannte… Ins Dunkel… Ins  Selbst

Wo bin ich und wann

Ist es bald „wer“

Sprecht mit mir… Haltet mich im Augenblick… Greift nach mir, wie ich nach Strohhalmen

Am Rande des Abgrunds zum Selbstverlust

Surreale Normalität

Fantastischer Realzustand

Außerhalb der Momente

Mit dem Wissen um die Ungewissheit eines Seins

Eines Daseins im Verschwinden, in sich selbst verlieren, im Hineinkippen, Hinausfallen, Versinken…

Wie beschreiben…

Kannst Du…

Kannst Du mich sehen

in der Dunkelheit umgeben von Licht

 

Kannst Du mich hören

in Frage stellend jede Antwort

 

Kannst Du mich halten

rastlos im Stillstand ohne Ziel

 

und hier sind die Dinge, die ich nicht verstehe

und hier ist die Welt, die mich verschreckt

und dort bist Du

 

Kannst Du

Kannst Du all das

was ich nicht kann

 

zweifel_los

Stetes Drängen der immer gleichen Gedankenkreisel.

Ein Aufreihen… ein aneinander Reiben…

Ein Zusammenwürfeln… ein Verschieben…

Dann ein Knirschen… der Zerfall…

Und wieder von vorn.

 

Von vornherein…

Ein beständiges Fragen, ein Hinterfragen mit Zwischenfragen ohne Halt…

Ein Widerhall… ein Missverstehen…

Dann ein Knacken… der Zerfall

 

zweifelsohne… zweifellos… zweifelsfrei…

…Selbstzweifel…

 

Wie ein Leben mit angezogener Handbremse, wie ein Rollen im Leerlauf, wie das Fahren mit Notbereifung… stets mit Obacht, abhängig, unter permanenter Kontrolle und dem Fuß rechts vom Gaspedal.

 

SehnSUeCHTig

Wartend gehen

auf und ab

ab und auf

 

schweißige Hände

zittrige Finger

knirschende Zähne

Rauschen im Ohr

 

dröhnend

tosend

betäubend

das Herz tobt in der Brust

 

dann DU

 

dein sanftes Lächeln … mein manisches Grinsen

dein strahlender Blick … meine aufgerissenen Augen

deine unterstreichenden Gesten … mein unwirsches Rudern mit den Gliedern

 

kein schweigendes Gespräch

ein Redefluss

mein Redeschwall

ein auf dich niederregnen großer Worte … verschluckt jedes Zweite

 

überschwängliche Nichtigkeiten poltern von den Lippen

ungesagte Notwendigkeit bleibt ausgedörrt auf der Zunge zurück

ein Meer von Gewäsch

 

ein übergroß sein wollen

 

für DICH

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwischen den Szenen. Bei Kerzenlicht und zwei Fingerbreit Wilthener

Träume einer anderen, weniger bedächtigen, aber umso lauteren Stille oder vielmehr deren Störung lassen den Autor mit einem schweren Seufzer auf den Lippen erwachen.

Zum Schreiben scheint es ihm zu spät; das Licht dafür zu schummrig, die Gedanken zu verklebt… noch zu unwirklich… irgendwo zwischen Begehren und Bedürfnis.

Ein Lächeln auf den Lippen, ein Vermissen… ein Griff zum Telefon… kein Durchkommen… Festnetz besetzt, Mobilfunk außer Betrieb…

Die Züge verspannt, ein Sehnen… ein weiterer Griff zur Flasche…

Die Banalität des Ganzen in klaren Zügen vor Augen… Kichern und schüchterne Zurückhaltung zu Beginn… Romantik am Ende… das Zusammenkommen dazwischen und wieder von vorn… bis dass es kein Geheimnis mehr gibt, bis dass er Karten zeichnen, Gemälde malen, Skulpturen formen kann; wie sonst in Worte zu kleiden? Wie darzustellen? Wie auszuleuchten?

Fantasie des Publikums; bestimmt!

Improvisation der Schauspieler; sicherlich!

Entscheidungen des Regisseurs; eindeutig!

Ein wenig Vorstellungsvermögen, Eigeninitiative und Mitarbeit sollte verlangt werden können.

Szene am Ende des Weges

Auflösen missfiel ihm… sich auf die andere Person einzulassen, Partnerschaften einzugehen, kompromissbereit zu sein, erschien ihm wie Selbstaufgabe und führte letztendlich stets zum Unvermeidlichen…

Aber musste eben Dies auch immer etwas Schlechtes sein? War es wirklich nötig Veränderungen, welche der Definition nach unvermeidlich sind, allzeit in Frage zu stellen oder gar direkt abzulehnen? Führte eine solche Lebensart nicht unweigerlich zum Stillstand eines Solchen?

Ist man genügsam mit Allem, fühlt sich sicher und behütet so erschüttert jede Form des Wandels den offenbaren Frieden. Natürlich schafft eine gewisse Anspruchslosigkeit, eine Zurücknahme in den eigenen Wünschen auch ein Wohlfühlen mit sich und der Welt, doch Veränderungen anzunehmen, ihnen mit Mut und Achtsamkeit in gleichen Maßen entgegenzutreten ohne sie beharrlich zu fürchten und sich dadurch zugleich auch möglichen positiven Folgen zu entziehen, ist substanziell.

All das war ihm mehr als klar.

Er lehnte Veränderungen auch nicht per se ab; nicht mehr. Lebenserfahrung  brachte die nötige Einsicht. Doch sein Herz zu öffnen und Beziehungen über die Banalität des buchstäblichen Zusammenkommens hinaus wachsen zu lassen, stand auf einem ganz anderen Blatt… dieses war eingerissen, vergilbt, mit verblassten und kaum mehr lesbaren Versprechungen darauf…

Mit Menschen Verbindungen einzugehen und sich eine Zukunft aus diesen zu erhoffen, war bisher, war vor der Zeit mit ihr, lediglich eine Träumerei gewesen, derer er sich seit langem nicht mehr hinzugeben vermocht hatte. Dafür gab es ausreichend Gründe, welche nicht nur in Worten wie Verunsicherung, Kompromittierung, Vertrauensmissbrauch, Ablehnung und Zweifel in großen Lettern auf glänzendem Papier ihren Ausdruck fanden…

Ein tiefer Atemzug, ein hörbares Schlucken, ein Räuspern…

Standhaft hielt sie noch immer seinen Blick, die Tränen noch nicht rinnend, die Augen strahlend im beginnenden Tageslicht… etwas Schöneres hatte er noch nie gesehen…

Seine Fäuste hatte sie gelöst, die Finger nicht mehr zittrig in ihrer Hand, den gemeinsamen Weg vor Augen hallte ihr beider Lachen noch lange nach.

Szene an der Abzweigung

Akt 5

Das Unvermeidliche

Szene an der Abzweigung

Die metaphorische Weggabelung lag ebenso klar vor ihm wie die sich näherende Straße, welche zu Entscheidungen aufrief… ein Hand in Hand oder ein Rücken – zueinander – gekehrt? Ein Verknüpft oder Zerrissen? Ein Gemeinsam oder Aneinander vorbei? Ein Bleiben oder Gehen? Ein Zusammen oder Getrennt?

Das schweigende Gespräch entbehrte jeder Leichtigkeit, ihr Blick erfüllt von Erwartungshaltung, von Ungeduld… den Tränen nahe…

Er ballte die zittrigen Hände zur Faust; Worte verschluckend.

Denn diese waren seine Stärke und zugleich größte Schwäche… zwei Seiten einer Medaille… immer wieder zwei Seiten und Alles dazwischen… bei jeder Drehung waren da Winkel, Abstufungen, Unebenheiten, Verbindungen, Risse, spitze Kanten, weiche Rundungen, glänzend, abgestumpft und wieder von vorn!

Würde er all Das aussprechen, was schwer auf seiner Zunge lag, sie wäre weg bevor sein Gedankengang sortiert, gelöst und beendet ist. Denn so war es immer!

Ob ihn das beeindruckt oder nicht; die einzige Frage, die es zu beantworten galt vor dem nächsten Wort.

Katze4

Nun

in diesem Haus des Zeit s t i l l standes

mit Allem stets am festen Platz

mit dem gleichen Gefühl seit 20 Jahren

ist n u n eine seltsame Ruhe ohne Heimatgefühl

 

noch immer als Gast

noch immer auf ein Zimmer beschränkt

eine D a s e i n s Blase

keine Frage nach damals, heute, morgen

 

geschützte Gefühlswelt

da h i e r ohne Erinnerung an Empfindungen,

die doch sein sollten,

doch fehlen müssten,

die doch zu erwarten wären

 

im A u g e n b l i c k in diesem Haus, diesem Zimmer

bin ich nicht verloren, obgleich stets allein

Allegorie durch die Seelenfenster

Gedankenströme wie M u s i k

fließend, weich, fliehend, sprudelnd, konzentriert

sich im Kreise drehend

un_endlich

un_wirklich

un_überschaubar

wunder_schön

wunder_lich

Gedankenströme w i e Musik

Abrisse im Loop, im Looping mit sich selbst

Aufschrei im Bandsalat, gelockert, gezwängt, verwickelt bis zur Unkenntlichkeit

Sprünge, geschüttert, ausgesetzt, abgebrochen

Nichts, infiziert, zerstückelt, verloren ohne Backup

G e d a n k e n ströme wie Musik

Texte, Sätze, Worte

Wortteile

Wortfetzen

Laute

Nichts

Gedanken s t r o e m e

Katze4

Bei Kerzenlicht betrachet

Die Tage, an denen ich das Gegenüber im Spiegel nicht erkenne,

sind gefüllt mit Fragen.

Und immer dasselbe Gespräch.

Du kennst sie, auch wenn du sie nicht erkennst!

„Warum schweigt sie mich an?“

Sie hat keine Sprache. Die hatte sie nie. Die brauchte sie nie.

„Verstehen wir uns an anderen Tagen? An den Tagen, da ich sie erkenne?“

Nein.

„Ich möchte sie aber verstehen. Ich will, dass wir uns verstehen. Ich möchte sie fragen, ob es ihr bald besser geht, ob sie bei mir bleibt, ob sie bei mir bleiben will.“

 

Vor dem Fenster tobt der erste Frühjahrssturm.

Ich sitze im Halbdunkel.

„Wieso erkenne ich sie nicht?“

Es ist ja nur manchmal.

„Das ist keine Antwort.“

Du stellst die falschen Fragen.

 

Als ich mich wegdrehe, blitzt es.

Ein Schauspiel im Nacken.

unerreichbar, fliehend, kraftvoll, wunderschön, einzigartig, vergänglich

und immer nur aus dem Augenwinkel, immer nur ein Bruchteil, immer wie leben

„Wie lautet die Frage?“

Willst du es? Willst du dich umdrehen? Willst du es wagen? Wirst du dich trauen?

„Morgen bestimmt…“

Zwischen den Szenen. Am Fenster

„In deinen Stück gibt es keinerlei Dialog.“, eine Aussage gemacht mit fragender Stimme.

Der Autor zuckt nur scheinbar unbeteiligt mit den Achseln.

„Aber das Publikum braucht Dialoge, benötigt die Möglichkeit in die Gefühlswelt aller Protagonisten hineinzuschauen. Man muss Einsichten gewinnen! Alles was du geschrieben hast, lebt von einseitigen Beobachtungen!“

Der Autor hüllt sich weiter in Schweigen.

„Du kennst die Gefühle der anderen Figur nicht oder?“, Hoffnung auf ein Verneinen der Frage schwingt kaum mit in ihren Worten, Schultern fallen, aber ihr Griff geht zu seiner Hand: „Wenn du es nicht weißt, wie soll dann der Leser dem Ganzen folgen? Wie willst du es schaffen, dass dein Stück nicht bloß eine lose Szenensammlung wird?“, kraftvoll umklammert sie nun die Hand, welche selbst den Griff nicht erwidert.

Sich langsam erhebend, wendet der Autor seinen Blick schließlich ab und sucht sich einen Punkt an der Wand, knapp neben dem Kopf seiner Geliebten: „Die Wahrheit liegt zwischen den Szenen!“

Seine Hand losgelassen, ballt sie ihre zur Faust… ein kurzes Zucken dieser verspricht das Suchen nach einem Ziel, doch kraftlos und entmutigt kommt sie letztlich noch immer geballt auf der Tischplatte zum liegen.

Die Geliebte will nicht aufgeben, sie verlangt eine Antwort, die für jeden Menschen, nicht nur für sie, erkennbar ist… erwartet diese, da es für sie niemals nur um das Stück gegangen war: „Das Publikum kann diese Szenen, diese Zwischenszenen, aber nicht sehen – sie spielen hinter den Kulissen, sind verborgen zwischen den Skriptseiten, vergraben in deinem Kopf. Ein Spannungsbogen sollte eben ein solcher sein; ein Bogen! Er verlangt nach Auflösung; benötigt eine abschließende Lösung oder wenigstens Zwischenlösung für den entwickelten Plot. Der Leser braucht ein Ende. Nur offene Fragen sind nicht befriedigend…“

„Das LEBEN funktioniert so aber nicht!“, der Autor noch immer stehend, stiert erst aus dem Fenster dann auf sie hinab; seine Augen glühend vor kaum mehr unterdrückbarer Anspannung.

Den Blick nicht abwendend, löst sie ihre Fäuste erneut zur flachen Hand; auf dem Tisch ruhend zum einen, an seiner Hüfte zur anderen: „Dies ist nicht das Leben; dies ist Kunst! DU bist der AUTOR. Du  schreibst die Geschichte, deine GESCHICHTE… nur DU kannst etwas erschaffen, das über das Leben und dessen Einschränkungen hinausgeht. Der Autor hat die alleinige Macht… nutze diese Gelegenheit… schaffe dir und damit dem Publikum ein Ende, dass du sonst nur zu träumen wagst… vergiss die Realität… erlaube dir eine Zukunft!“

Der Autor schaut wieder zum Fenster und damit hinaus auf die Straße und in die Welt. Er betrachtet die Menschen, die es nichts angeht. Als er merkt, dass seine Geliebte, seine Liebe?, sich erhebt, um ihn erneut zurück und mit seinen Gedanken allein zu lassen, geht sein Griff zur ihrer Hand auf der Tischplatte… er hält sie fest… will sie nicht loslassen, weglassen, verlieren…

Doch der letzte Akt gehört noch geschrieben, das Unvermeidliche noch ergründet und so löst er schließlich die Verbindung zu ihr, lässt sie abermals ziehen und wartet auf das Ende, welches noch im Halbdunkel lauert.

 

zur Entfaltung des Ganzen Katze4

m o m e m t mal

erstarrt … verklebt im Fluss der Zeit w a h r n e h m u n g… den Blick stets auf der Uhr

Bewegungen nur noch g e z o g e n… erschwert, verklumpt, versunken… in einem Rennen ohne Pause, ohne Ziel, ohne Sinn

Sinn, Unsinn, Besinnung, SINNLOSigkeit, Sinnbilder

was wollte ich sagen? wo wollte ich hin?

jedes Wort zu viel… und immer im Gespräch

zur Kunst…Sammlung Katze4

Zwischen den Szenen. Mit dem Kopf auf der Tischplatte

Entdeckt heißt nicht begegnet!

War das nur ein Prolog oder passt das in den ersten Akt?

Ist es das bloße Anhäufen von Worten? Das Vergrößern der Wortanzahl? Oder vielleicht lediglich eine schwache Wahl derselbigen?

Ist es kurz nach dem Beginn einfach nur der Versuch das Notwendige aufzuschieben, das Eigentliche aufzublasen, um dem Unvermeidlichen zu entgehen?

Steif sein Nacken, schwer die Beine, taub die Finger… vor Anspannung, vor Erwartung bis der Kiefer schmerzt, bis die Zähne zu splittern drohen.

Ich folgte ihr, verfolgte ich sie?

Wollte sie ansprechen, beeindrucken mit aufgesetztem Selbstvertrauen, unterdrückter Erregung, versteckter Verunsicherung… einem bedeutungslos beladenem Wortschatz.

…zu früh, zu viel und doch nie genug; aber sie versprach etwas Neues, Aufregendes… Zerbrechliches?

zur Entfaltung des Ganzen Katze4

Lass doch die Fruchtfliege, Fruchtfliege sein

Viele großartige Bücher beginnen mit einem Zitat.

Wobei dann meist einem angesehenen Menschen mit seinen ebenso ansehenswerten Aussagen gehuldigt wird.

Um also meine Großmutter zu zitieren: „Morgen fangen wieder hundert Tage an.“

die erste Party

Wenn man Fünfzehn ist, gerade erst einem Jugendverein beigetreten – man sollte wohl sagen „wurde“, denn wirklich freiwillig, trat ich dem JugendRotKreuz damals nicht bei – und die erste richtige Party ins Haus steht, so ist man voller Erwartungen.

Erwartungen über das wer und wie und was…und natürlich darüber, ob das nun endlich die alles entscheidende Leben verändernde Erfahrung wird, von der sicher jeder Teenager träumt.

Nein, nicht gleich wilder Sex auf dem Männerklo, sondern natürlich irgendwas spirituelles, etwas Aussagekräftiges, etwas, an das man sich auch Jahre später noch wohlwollend zurückerinnern kann.

Vermutlich ziehen die meisten Jugendlichen in dem Alter doch das mit dem Sex vor.

Ehrlicherweise sollte an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass trotz meines stets alles überragenden Anspruchs an mich selbst, etwas Besonderes zu sein, irgendwie anders als alle anderen, vielleicht sogar besser, weil doch immerhin tiefgründig, hätte auch ich die Nummer mit dem Sex allem spirituellem Tiefgang vorgezogen.

Aber das hätte ich damals nie zugegeben, wollte ich doch so unbedingt außergewöhnlich sein.

Was von meiner, doch recht verschwommenen, Erinnerung noch übrig blieb, waren die weniger spirituellen, aber umso schlechteren Horrorfilme, ne ziemlich üble Mischung Alkohol und der Trennungsversuch Mayas von ihrem Verehrer – der Erste von vielen.

So gegen 1Uhr an dieser viel zu warmen Januarnacht des Milleniumjahres kuschelte ich mich schließlich selig betrunken in meinen Schlafsack und ließ die lausige Party, Party sein. Wäre nicht ein hacke dichter, leider nur noch Unterhosen tragender Junge schwungvoll auf mich drauf gesprungen, ich hätte die nachfolgenden neun Jahre vermutlich ganz anders zugebracht…

Wie ich inzwischen aus reichlicher Erfahrung sagen kann, ist es überhaupt nicht hilfreich einem recht angetrunkenen Menschen auf den Bauch zu springen und ihn so aus seinem wohlverdienten Erholungsschlaf zu reißen – nicht dass mir danach noch mal jemand solch einen Weckgruß bereitet hätte, aber ihr wisst, was ich meine.

Auf dem Damenklo ließ ich mir die ganze Party dann noch mal durch den Kopf gehen, zweimal, wenn’s man genau nimmt, nur um dann festzustellen, dass die ganze Bande mittlerweile am pennen war.

Alle, bis auf einen sehr nüchternen, weil zu spät erschienenen, Metaller Mitte zwanzig, der mir nur einen einzigen Blick zuwarf, bevor er sich der anderen, auch noch nüchternen, weil damals Antialkoholikerin, Person zuwandte, auf die er, wie ich später erfuhr, ein Auge geworfen hatte.

Nur ein einziger Blick und ich wusste genau, nur er ist dazu in der Lage meine Welt vollkommen auf den Kopf zu stellen, mich auseinander zunehmen und Stück für Stück neu zusammenzufügen, mich mitzureißen, egal was auch passieren möge und mir das Herz zu brechen, so oft es ihm beliebt.

Nur ein einziger Blick und ich war verloren.

***

[…]

zum Rest der Geschichte

ohne Sein

in Momenten da ich kaum noch bin

entleert, entrückt, vertrieben

ohne Sein, kein Dasein

 

der Geist verkleb

die Gedanken im Nebel

 

reduziert

 

verloren die Sprache

alles verlangsamt, lang gezogen, zusammengestaucht

das Sein ohne Sinn

 

die Gedanken ohne Sprachrohr

zerstückelt, verwirbelt, laut und grell

 

am Anfang der Sturm im Kopf

im Anschluss ein Vakuum

 

reduziert

 

die neue Normalität

reine Gewohnheitssache, wenn man die Umwelt befragt

in Fragen gezogene Gespräche

Unverständnis, welches vollkommen verständlich

 

ich denke, also bin ich

was bin ich, wenn ich nicht denken kann?

 

nur Kunst

zur Kunstsammlung Katze4

und wieder

ein dumpfes Pochen

ein Ziehen

ein Brennen

ein sich Ausbreiten

ein Schmerz, dem zu entkommen fast unmöglich scheint

 

ein Auftürmen

ein Dagegenhalten

ein Willensstark-sein-wollen

 

ein Atemzug, dann zwei

 

ein sich Fangen, sich Verfangen, ein Gefangensein

ein Lösen, sich Loslösen, sich Auflösen

 

noch ein Atemzug, dann drei

 

ein sich W i e d e r finden

 

w o l l e n

 

zur Kunstsammlung Katze4

Zwischen den Szenen. Am Ufer

„Wer ist sie?“, ein Fragen mit belegter Stimme.

„Wen meinst du?“

„Sie, welche dir in die Augen blickt… sie bekommt mir bekannt vor… warum?“, ein kurzes Schluchzen mit geballter Faust, linke Hand und zittrigen Fingern, rechte Hand, „…vielleicht habe ich einst ein Bild von ihr gesehen; eins von deinen alten Photos , du weißt schon, die du immer versteckt hältst…“, verschlucken der Worte, die noch fallen wollten, „Wie heißt sie?“

„Sie hat keinen Namen… ich kenne ihn nicht… sie hat ihn mir nie verraten… ich habe nie gefragt…ich verstehe nicht, warum sie dir bekannt vorkommt!

Sie ist sonst nur ein Schatten, eine Stimme, ein Schrei meiner selbst. Ich kann sie normalerweise gut verstecken hinter jedem Scherz, jedem Ratschlag, jedem Moment in Gesellschaft… sie ist eine Schwäche, meine Schwäche, mein Schmerz, den ich nicht zeigen darf, da ich stark zu sein habe… da man dies von mir erwartet. Immer ein Lächeln auf den Lippen… auch wenn es die Augen verlässt, sobald ich mich umdrehe… immer kraftvoll oder wenigstens mit Humor… wenn bissig, dann intellektuell… wenn enttäuscht vom Leben, dann über den Fortgang der Gesellschaften mit deren unerreichbaren Ansprüchen und Ungerechtigkeiten, den Fehlverteilungen, der Ignoranz, dem Rasen ohne Ziel, dem Drehen im Alltag, dem Gefangensein in Tretmühlen…

…niemals über das eigene Leben, über verpasste Chancen, Fehlentscheidungen, Ängstlichkeiten, dem Gefühl zu ertrinken mitten in der Wüste, in der ich im gleichen Moment verdurste…

Und ich bin so wütend und habe kein Anrecht darauf! Keiner ist für meine Wut zu verantworten, niemand trägt Schuld daran, was der Wut keinen Abbruch tut…

…und dann ist da sie, die mich anblickt mit traurigen Augen immer dann, wenn ich den Anderen den Rücken zukehre, da mir das Gesicht schmerzt vom vielen grinsen und die Worte fehlen, nach all dem ganzen Ausgetausche und ich wieder nichts von ihr, die sie mein Leben einnimmt, erzählt habe.

Ja, nun wirfst du mir diesen Blick zu… ich kenne ihn nur zu gut… es ist das Entsetzen, die Verunsicherung, da die richtigen Worte noch nicht geschrieben wurden für diese Art des Gesprächs. Nein, mach dir keine Sorgen… ich bin nicht steif vor Angst vor dem, was da ist, was noch kommen mag, kommen muss, kommen wird… nein, dass Alles sollte lediglich den nächsten Akt einführen.

Was hältst du davon?“

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Zwischen den Szenen. Auf der Terrasse

„Wie geht es dir?“

Eine Frage, die, beantwortete er diese ehrlich Anschlussfragen nach sich zöge, welche er nicht minder verabscheuen würde; drum schwieg er.

„Wie geht es mit dem Roman voran?“

Ähnlich der Frage nach dem Wohlbefinden- keine klare Antwort in Sichtweite. „Der 2. Akt steht schon.“

Wie oft hatte er diesen Satz inzwischen schon ausgesprochen? Wann käme endlich der Zeitpunkt, da dieser der Realität entspräche?

In Wahrheit kam er einfach nicht voran, obgleich im Grunde alles klar genug erschien – wenigstens im besagten 2. Akt- Lediglich das darauffolgende lag noch stur im Nebel seiner selbst verborgen. Was nicht unbedingt schlimm sein sollte, schließlich benötigt ein kreativer Prozess mitunter Zeit. Nein, es wäre nicht dramatisch gäbe es diesen verfluchten Erwartungsdruck nicht; hätte er keine deadline vor Augen…

Ein Räuspern holte ihn zurück ins Gespräch und große Augen gaben den Hinweis etwas verpasst zu haben. Zumal seine ins Blaue geschossene Bemerkung „Ja, ich bin ganz deiner Meinung.“ wohl nicht angebracht gewesen war, zumindest wenn die die mittlerweile in Falten gezogene Stirn irgendetwas zu bedeutet hatte.

Dass sein Gesprächspartner darauf verzichtete sich zu wiederholen, zeigte ihm ein allgemeines Verständnis für seine durchaus Art sich in den eigenen Gedanken zu verlieren an oder eben ein Aufgeben, ein Drüberstehen, ein Sich-nicht-mehr-dafür-interessieren.

Weitere sich scheinbar endlos ziehende Sekunden gingen ins Land ohne dass ein weiteres Wort verloren wurde.

„In Ordnung, ich werd dann mal wieder…“, ein Blick auf die Armbanduhr, „… hab da noch einen Termin…“, ein fast unmerkliches Kopfschütteln, „…war schön dich zu sehen.“

Nur kurz überlegte er noch eine Floskel des Abschieds nachzuwerfen, jedoch war die Freundin schon um die nächste Ecke gezogen bevor ihm sinnvolle Worte einfielen, wenn es auch reine Plattitüden waren.

So blieb er zurück mit lauwarmen Weinbrand, abgebrannter Zigarette und leeren Blickes – ganz so, wie er sich einen Erfolg suchenden  Schriftsteller immer erdacht hatte.

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Heute war ein guter Tag

„Heute war ein guter Tag, ich habe einen Satz geschrieben.“

Keinen blassen Dunst von wem dieser kluge, wenn auch nicht unbedingt aufbauende Satz ist. Natürlich könnte ich das nachschlagen; zumal es in der heutigen Zeit keine vertretbare Begründung, also Ausrede, dafür gibt, dies nicht zu tun. Nein heutzutage gilt es bei solchem Unwissen nur ehrlich zu sein und zu zugeben, es im Grunde gar nicht wissen zu wollen, sei es aus Faulheit oder Ignoranz; Faulheit in meinem Fall.

Schreibblockaden gehören natürlich zum kreativen Alltag dazu; schließlich kann einen die Muse nicht immer gleich gut küssen. Ab und an hat sie auch mal schlechten Atem oder beißt einem gar ein Stück Lippe ab. Die Muse scheint ein launisches Biest…

Die Muse ist verschwägert mit der Selbstreflektion, die einem ihrerseits nicht nur zuweilen brauchbare Charaktereinsichten liefert, sondern unter Umständen den gesamten Schreibprozess um ganze Abschnitte, ja sogar Kapitel zurückwirft, da man sich vor lauter Reflektiererei im selbstgebauten Spiegelkabinett verirrt und anstatt neuer Charaktere nur noch Vorwürfe und Verunsicherungen Blüten tragen; ja ganze Wälder entstehen. Buchenwälder, in welche kaum noch Lichteinflüsse und Wasser dringen können, sind sie erstmal dicht genug, so dass jedes neue Samenkorn schon vor dem Aufbrechen verdorren muss oder verpflichtet wird auszuharren bis es einst an einen geeigneteren Ort getragen wird.

Dunkle, kalte, beängstigende Wortschleifen-, Satzfetzen-, Sackgassenwälder…

Um die Familie noch zu vergrößern, gesellt sich nur zu gern auch Großvater „Gefahr des Plagiats“ hinzu oder um es mit den Worten der Literaturwissenschaft auszudrücken: Intertextualität. Schließlich ist es kein Ideenklau, wenn es Nachahmung ist, um einen geliebten Künstler zu ehren. Eine Hommage, eine Verbeugung, ein Kniefall, ein Sich-Davon-Schleichen um aus alten Gedanken neue Kunst zu schaffen… man sollte sich des Ursprungs seiner Einfälle lediglich bewusst bleiben.

Mit dem Drama des sich festgefahrenen Schaffens fließen natürlicherweise gute Ratschläge diesem zu entkommen zusammen und bilden so eine „an den eigenen Haaren aus dem Treibsand ziehen wollen“ Sachlage, deren Ausgang den geneigten Leser vor die schiere Unmöglichkeit der Interpretation des gegebenen Textes stellt… nicht immer wird es so deutlich wie in diesem kleinen Werk, dass man gemeinsam mit dem Künstler nur gegen Wände laufen oder sich im Buchenwald der Verdammnis wiederfinden kann!

Nun fehlt noch ein Ende. Was öfter als selten der Anfang vom Ende ist, also wenn das Ende klar ist, der Anfang schön geworden und der ganze Rest dazwischen hingt, womit wir wieder bei „Heute war ein guter Tag“ sind.

Wenn man das Schlechte weglässt, geht’s mir gut… von einem Leben in Floskeln

Meine Oma hatte für fast jede Lebenssituation eine passende Redensart… und so wurde ich auch geprägt durch ihre Teilhabe an meiner Erziehung und wuchs auf unter ihren wachsamen Augen, mit dem Reglement von Herrn von Knigge, stets gepaart mit einprägsamen Floskeln und dem Hinweis langsam und laut zu sprechen – nicht dass mir dies je gelungen wäre; ich sprach stets zu schnell und zu leise, später oft zu laut, aber immer noch zu schnell…

Zog ich nun eine Schnute, da mir was nicht passte, hieß es also „Da ist die Zuckerpuppe von der Bauchtanztruppe…“

Ein Streit unter Geschwistern wurde mit „Ein Bruder und ’ne Schwester, nichts schön’res auf der Welt…“ kommentiert.

Hatte ich mich verletzt, so war es „bis zur Hochzeit wieder gut“.

Wollte ich einer Sache mit Argumentation entgehen, wurde ich daran erinnert „warum der Teufel seine Großmutter erschlagen hat“.

Geriet man in Zeitnot so sollte man „nur keine Hektik nicht vermeiden“ und außerdem „fangen morgen wieder Hundert Tage an“.

War ich für bestimmte Dinge noch zu jung, so durfte ich zwar „alles essen, aber nicht alles wissen“.

Am Tisch sitzend, wurde stets darauf geachtet, dass man „den Löffel zum Mund und nicht den Mund zum Löffel führt“.

und so weiter und so fort…

Da wir in einer Welt der Redewendungen zu leben scheinen, sog ich diese natürlich nicht nur bei meiner Oma in mich auf.

Noch heute kann ich nicht anders handeln, als mit meinem Gegenüber mein Essen oder dergleichen zu teilen, denn die Schallplatte, die bei uns vermutlich auf Dauerschleife gelaufen sein muss, löste in mir fast schon einen pawlowschen Reflex aus, denn „teilen macht Spaß, wir teilen dies und das.“

Man kann sich natürlich streiten, wie viel Gewicht Floskeln in der eigenen Lebensführung einnehmen sollten und oft genug sind es sicher diese „formelhaften, leeren Redewendungen“, vor denen im Duden gewarnt wird. Doch wenn es darum geht, dass allgemeine Miteinander nach der Prämisse des „behandle andere so, wie auch du behandelt werden willst“ zu gestalten und sich auch durch schwieriger Zeiten nicht unterkriegen zu lassen, denn „am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, so ist es noch nicht zu ende.“ haben manche klugen Sprüche durchaus ihre Daseinsberechtigung.

Und wenn es nur darum geht unbequemen Fragen, wie die nach dem eigenen Wohlbefinden mit den Worten „wenn man das schlechte weglässt, geht’s mir gut“ zu umwandern, damit man sich auf die schönen Dinge konzentrieren kann, so wie Oma es letztendlich tat oder eben das Gespräch mit einer augenzwinkernden Aufforderung zur Tätigkeit zu beenden durch den Ausspruch „mach heute noch was, dann brauch ich es nicht zu tun.“

Eine Weisheit für jede passende und unpassende Gelegenheit liegt auch mir tagtäglich auf der Zunge und ich werfe ungefragt mit diesen um mich. Denn man sollte ruhig angesehenen Menschen mit ihren ebenso ansehenswerten Aussagen huldigen…

schließlich sagte schon Heine: „Weise erdenken neue Gedanken, und Narren verbreiten sie.“

 

vom Wandern, Warten und Davonlaufen

„Es gibt zwei Sorten von Ratten:/ Die hungrigen und die satten./ Die satten bleiben vergnügt zu Haus,/ Die hungrigen aber wandern aus.“ (H. Heine)

Für mich ist Wandern eine Form von Therapie… das stete Fortbewegen hat etwas Beruhigendes an sich; zumindest für mich.

Seit wann die Wanderung mehr als nur der bloße Wechsel der Position im weiten Raum, das Ergründen der näheren und weiteren Umgebung, das Betrachten – zuweilen sogar Bewundern – der Umwelt… der Welt um mich herum… bedeutet, kann ich nicht mehr sagen.

Die Frage nach dem wann stellt sich mir in diesem Zusammenhang auch nicht.

Was aber klar ist und besonders in letzter Zeit immer deutlicher wird… ich wandere, wenn ich warten muss.

Warten ohne Zutun, ohne Einfluss… ohne Ende.

Ein Gefühl von Abhängigkeit, Hilflosigkeit, Nutzlosigkeit… warten ist wie sich im Kreise drehen…

In diesem Zusammenhang stelle ich mir die Frage nach dem wann, dem seit wann und dem bis wann.

Zu oft weiß ich kaum mehr, worauf ich eigentlich warte… noch warte.

Doch in der ständigen Bewegung, dem Gefühl des Vorankommens, des Ankommens lässt sich die Warterei nicht nur ertragen, sondern ergründen… ich muss nur weit genug laufen und hoffen, nicht lediglich davon zu laufen.

Das Photo

Tage waren bereits vergangen seit ihrem Fortgang; ihrem Antritt des letztmöglichen Weges. Tage hatte ich mit warten verbracht.

Zu warten war keine neue Erfahrung, aber dieses spezielle Warten… wie bestellt und nicht abgeholt… Tage voller Beschäftigung und doch konnte ich mich nicht bewegen. Ein Stillstand, dem Warten gleich in dessen Unbekanntheit.

Stille in aller Unruhe… vollkommene Ruhe im geschäftigen Treiben um mich herum… und nur dieses Warten.

Das Auswählen der Kleidung ein Kampf. Was ist angebracht? Nie hatte ich ernsthaft darüber nachgedacht; immer gehofft es niemals zu müssen. Vermutlich war es schließlich zu viel des Guten; alles in schwarz bis herunter zur Wäsche… doch ich wusste nicht was tun.

Quälende Fragen nach den richtigen Worten. Welche sind angebracht? In den Tagen voll des Wartens hatte ich nicht daran gedacht, dass auch Worte wohl dazu gehören. Letztlich hüllte ich mich in Schweigen… ich schwieg und blieb scheinbar regungslos… ein Warten ohne zu wissen worauf,

bis ich das Photo sah, welches auf dem Sargdeckel thronte und mir mit einem verschmitzten Lächeln entgegenblickte.

Ich hatte dieses Bild vorher nie gesehen, es muss einige Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte alt gewesen sein… auf dem ersten Blick wirkte sie fast zu ernst; ein wenig verklärt sogar… maskenhaft… doch dann diesen feine Lächeln; der rechte Mundwinkel leicht erhoben… und mit einem Male konnte ich es auch in ihren Augen sehen, welche so unbekannt klar erschienen… so klar, fast prüfend und doch amüsiert; ganz wie ich sie in ferner Erinnerung hatte.

Erinnerungen lösten die Stille und das Warten ab… gefolgt von der Gewissheit, dass die Stille und das Warten nun meine Begleiter sein werden bis ich sie einst wiedertreffe…

Wort-Spiel-erei

SELBST

Selbstverständnis                     Verstand

Selbstvertrauen                          vertraut

Selbstzweifel                      zweifelsohne

Selbstwertgefühl                        wertvoll

Selbstbewusst                     Bewusstsein

Selbstschutz                             schutzlos

Selbstlos                                     losgelöst

Selbstzweck                               zwecklos

Selbstsicher                            Sicherheit

Selbsthilfe                                      hilflos

Selbstsucht                                   süchtig

Selbstversuch                                 Suche

Selbstkritik                                       Krise

Selbstmord                                   modrig

Selbstständig                           standhaft

Selbstbild                                      Bildnis

Selbsterkenntnis                   Kunstgriff

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Vom Warten

ach wäre ich schon da…. angekommen…. am Ziel

den Weg erfolgreich beschritten…. hinter mir gelassen

nicht abgelenkt vom Leben…. nicht abgekommen vom Pfad

ach wäre ich schon da…. ach wüsste ich wohin…. ach hätte ich ein Ziel

 

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Vom Be-Schreiben

Ich war früher nie ein großer Freund von Beschreibungen; weder im Text noch im Leben.

Zu genaue Beschreibungen im Text haben mich schnell abgelenkt und im Leben war ich selten dazu in der Lage diese abzuliefern. Für mich ist alles Gefühl und es fällt mir auch schwer dessen Ursprung mit, für alle anderen, verständlichen Worten auszukleiden.Gefühl ist Überwältigung, Sachinformation lässt sich mit Abstand betrachten; das fällt mir leicht.

Doch was ist nun die Wichtigkeit hinter detaillierten Ausführungen, wenn sie keinen reinen Selbstzweck haben sollen? Was macht sie so wichtig für das Verständnis von Texten und von Unterhaltungen?

Eine Frage, der ich mich mittlerweile gestellt habe oder vielmehr versuche zu stellen, denn sind wir mal ganz ehrlich: sie liegt mir nicht.

Die Welt als solches wird stets gefiltert durch unsere Erinnerungen, Erfahrungen, Erwartungen, unser Verstehen vom Großen Ganzen unseres kleinen eigenen Universums. Somit erscheinen die Dinge und Menschen, welche einem beschreibswert erscheinen, wandelbar und immer auch abhängig von den Augen des Betrachters. Jeder lebt in seiner ganz eigenen Version der Realität und solange diese relativ deckungsgleich zueinander sind, kommen wir alle zurecht.

In Texten muss die genaue Beschreibung zweckdienlich sein, ansonsten läuft der Autor Gefahr den Leser auf halber Strecke zu verlieren. Alles was beschrieben wird, erhält eine ganz eigene Wichtigkeit und der aufmerksame Leser erkennt durch diese schließlich die Subtexte hinter dem Hauptaugenmerk; andere Lesarten, ja ganz neue Geschichten tun sich auf…

Beschreibungen sollten immer dem Zweck dienen den Gegenüber in die eigene emotionale Welt zu führen; zumindest meiner Meinung nach. Denn man beschreibt, was einen bewegt – den Rest nimmt man nicht oder nur nebenher wahr.

Es wird also beschrieben, was bewegen soll, wenn nicht, bleibt nur die Blümchenkante und diese unterscheidet auch das Belanglose aneinanderreihen von Worten vom Text und den Smalltalk von der Unterhaltung.

Momentaufnahme

Lebe nur im Augenblick sagen sie…

Blicke nie zurück…

Träume nicht nach vorn…

Alles was Bedeutung hat, ist der Moment!

Doch…

Betrachte ihn nicht von allen Seiten… du verschreckst ihn bloß

Halte dich nicht an ihm fest… er verblasst zwischen den Fingern

Teile den Moment mit anderen… so bleibt er im Gedächnis

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vom Grübeln

Das Denken ist das Selbstgespräch der Seele. (Plato)

Dumm nur, wenn sie ständig Widerworte gibt und du dich einem steten Streichgespräch mit dir selbst ausgesetzt siehst.

Oft sind es nicht einmal die eigenen Zweifel sondern vielmehr Wiederholungen dessen, was Andere einem einzureden versuchen – man erkennt das an den unterschiedlichen Stimmfärbungen… oder sollte ich mir Sorgen machen?

Wir sind geprägt von unseren Mitmenschen, ob wir wollen oder nicht. Tragischerweise reicht dieser Umwelteinfluss auch ins Erwachsenenleben hinein. Nur dass sich dies keiner mehr eingestehen möchte. Schließlich sollte man als Erwachsener doch über den Dingen und vor allem den Kindereien stehen… Kindereien – Kindheitstrauma… wer sollte das schon unterscheiden wollen?

Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wenn ich auf Personen treffe, die dem Dilemma der aus Kindertagen mitgenommenen Selbstzweifel oder schlicht eingeprägten Handlungsmustern mit komplettem Unverständnis gegenüberstehen und sich selbst natürlich vollständig von solch Absurditäten verbal abgrenzen, wenn es doch mehr als offensichtlich ist, dass es ihnen eben nicht besser geht. Und das ist auch vollkommen in Ordnung, egal was man/ihr euch einredet!

Selbstzweifel sind dazu da überwunden zu werden. Doch niemand sollte und kann erwarten, dass das mit dem Eintritt ins sogeannte Erwachsensein getan ist. Das verlangt Arbeit, Selbst-Gespräche und in erster Linie das Wissen darüber, dass sie existieren und verarbeitet gehören.