Szene am Schreibtisch

„Die wollen eine Liebesgeschichte. Sie sagen, das verkauft sich besser. Sie sagen, es ist das Einzige, was ich tun kann, um das Publikum zu halten… das ist jetzt gefragt!“, ein Seufzer gefolgt vom üblichen Kopfschütteln, „ Sicher… aber… hattest du…? Warst du…? Wie willst du ohne Erfahrung…?“, ein hörbares Schlucken der Worte, ein tiefer Atemzug, ein zweiter tiefer Atemzug, „Okay, ich weiß du hattest Geliebte, aber warst du verliebt? Wolltest du dich verlieren, alles geben, alles versprechen, vollkommen vertrauen, beschützen und gehalten werden?“

„Ich… es … ich war wie besessen und wollte besitzen.“

Ein betretender Blick nach unten gerichtet, nach den passenden Worten suchend: „Aber wolltest du bleiben nachdem du ‚Besitz ergriffen‘ hast? Investieren, lernen, verstehen, Kompromisse eingehen, wolltest du geben und nehmen im Gleichgewicht zueinander?“

„Die sagen das Stück benötigt eine Liebesgeschichte, etwas, was die Leute kennen, womit sie sich identifizieren können, etwas, was sie selbst suchen, schon gefunden haben oder ewig vermissen werden. Soviel weiß ich darüber…“

Enttäuschung und Wut, den Wunsch Gewaltvoll zu handeln gerade noch unterdrückend: „Wie, verdammt nochmal, willst du über Gefühle schreiben? Du, der du noch nie geliebt hast!“

„Ich habe versucht dich zu lieben…“

Tränen in den Augen nicht mehr zurückhaltend: „… vielleicht solltest du darüber schreiben… vielleicht findest du dann heraus, warum ich geblieben bin, obgleich ich mich mehr als einmal mit dir unterhalten habe… und bitte… erkläre es mir anschließend.“

Der Autor blieb erneut allein zurück, die Zigarette ohne einen Zug abgebrannt, die Asche in den Tasten versinkend, die müden Augen gen Bildschirm gerichtet. „Die wollen eine Liebesgeschichte; wie schwer kann das sein?“

zur Entfaltung des Ganzen Katze4

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