Szene am Ende des Weges

Auflösen missfiel ihm… sich auf die andere Person einzulassen, Partnerschaften einzugehen, kompromissbereit zu sein, erschien ihm wie Selbstaufgabe und führte letztendlich stets zum Unvermeidlichen…

Aber musste eben Dies auch immer etwas Schlechtes sein? War es wirklich nötig Veränderungen, welche der Definition nach unvermeidlich sind, allzeit in Frage zu stellen oder gar direkt abzulehnen? Führte eine solche Lebensart nicht unweigerlich zum Stillstand eines Solchen?

Ist man genügsam mit Allem, fühlt sich sicher und behütet so erschüttert jede Form des Wandels den offenbaren Frieden. Natürlich schafft eine gewisse Anspruchslosigkeit, eine Zurücknahme in den eigenen Wünschen auch ein Wohlfühlen mit sich und der Welt, doch Veränderungen anzunehmen, ihnen mit Mut und Achtsamkeit in gleichen Maßen entgegenzutreten ohne sie beharrlich zu fürchten und sich dadurch zugleich auch möglichen positiven Folgen zu entziehen, ist substanziell.

All das war ihm mehr als klar.

Er lehnte Veränderungen auch nicht per se ab; nicht mehr. Lebenserfahrung  brachte die nötige Einsicht. Doch sein Herz zu öffnen und Beziehungen über die Banalität des buchstäblichen Zusammenkommens hinaus wachsen zu lassen, stand auf einem ganz anderen Blatt… dieses war eingerissen, vergilbt, mit verblassten und kaum mehr lesbaren Versprechungen darauf…

Mit Menschen Verbindungen einzugehen und sich eine Zukunft aus diesen zu erhoffen, war bisher, war vor der Zeit mit ihr, lediglich eine Träumerei gewesen, derer er sich seit langem nicht mehr hinzugeben vermocht hatte. Dafür gab es ausreichend Gründe, welche nicht nur in Worten wie Verunsicherung, Kompromittierung, Vertrauensmissbrauch, Ablehnung und Zweifel in großen Lettern auf glänzendem Papier ihren Ausdruck fanden…

Ein tiefer Atemzug, ein hörbares Schlucken, ein Räuspern…

Standhaft hielt sie noch immer seinen Blick, die Tränen noch nicht rinnend, die Augen strahlend im beginnenden Tageslicht… etwas Schöneres hatte er noch nie gesehen…

Seine Fäuste hatte sie gelöst, die Finger nicht mehr zittrig in ihrer Hand, den gemeinsamen Weg vor Augen hallte ihr beider Lachen noch lange nach.

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Szene an der Abzweigung

Akt 5

Das Unvermeidliche

Szene an der Abzweigung

Die metaphorische Weggabelung lag ebenso klar vor ihm wie die sich näherende Straße, welche zu Entscheidungen aufrief… ein Hand in Hand oder ein Rücken – zueinander – gekehrt? Ein Verknüpft oder Zerrissen? Ein Gemeinsam oder Aneinander vorbei? Ein Bleiben oder Gehen? Ein Zusammen oder Getrennt?

Das schweigende Gespräch entbehrte jeder Leichtigkeit, ihr Blick erfüllt von Erwartungshaltung, von Ungeduld… den Tränen nahe…

Er ballte die zittrigen Hände zur Faust; Worte verschluckend.

Denn diese waren seine Stärke und zugleich größte Schwäche… zwei Seiten einer Medaille… immer wieder zwei Seiten und Alles dazwischen… bei jeder Drehung waren da Winkel, Abstufungen, Unebenheiten, Verbindungen, Risse, spitze Kanten, weiche Rundungen, glänzend, abgestumpft und wieder von vorn!

Würde er all Das aussprechen, was schwer auf seiner Zunge lag, sie wäre weg bevor sein Gedankengang sortiert, gelöst und beendet ist. Denn so war es immer!

Ob ihn das beeindruckt oder nicht; die einzige Frage, die es zu beantworten galt vor dem nächsten Wort.

Katze4

Szene unter Sternenhimmeln

Und so begann es!

Beinahe täglich suchte er sie auf. Nicht mit Blumen oder Schokolade, sondern dem Geschenk des Schweigens.

Sie trafen sich sobald das gesellige Treiben auf den Wegen abnahm, zeigten sich gegenseitig die Welt beim Aufsuchen der liebsten oder verhasstesten Orte, beim Wandern durch Wälder über weite Ebenen, enge Gassen, zu stark beleuchteten Straßen und Feldwegen im Licht des Mondes… und fast immer schwiegen sie.

Es herrschte eine Stille, die von Frieden und Einigkeit sprach, ohne Worte ganze Gespräche auszufüllen fähig war, eine Leichtigkeit mitbrachte in ihrer Schwere… er, der immer ein Mann der vielen Worte gewesen war, genoss dieses befremdliche Gefühl, diese Einzigartigkeit ihrer Kommunikation; so voller Verstehen, Verständnis und ohne Chance für Ausflüchte.

Denn die Fähigkeit sich in großen Worten zu äußern, in der Lage zu sein farbenfroh recht wenig Inhalt in sehr viel Text zu packen, auch auf ungestellte Fragen eine Antwort zu finden oder Probleme zu schaffen durch eine übersteuerte Komplexität, ist nicht gleichzusetzen mit Wahrhaftigkeit. Worte besitzen eine ganz eigene Macht, sie lehren, heilen, beschwichtigen, verbinden, trennen, traumatisieren, verletzen, bremsen… Text kann die Welt bewegen, aber auch jedes Inhalts entbehren, er kann Zusammenhalt schaffen und missbraucht werden.

Eine Sprache zu haben, ganz gleich welcher Natur, sich mitteilen und ausdrücken zu können, ist etwas Vitales!

Jemanden zu finden, mit dem man schweigen kann, ohne das Gefühl der permanenten Notwenigkeit sich erklären… sich rechtfertigen zu müssen, ist etwas Kostbares.

Er glaubte sie zu kennen beim ersten Blick in ihre Augen, doch um sie wirklich zu verstehen, musste er lernen auf unbekannten Wegen zu wandeln, musste er seine Faszination in Etwas von Bestand  ummünzen, musste er Zutrauen und Vertrauen entwickeln, musste er herausfinden, ob ihm all Das überhaupt lag.

Katze4

Nun

in diesem Haus des Zeit s t i l l standes

mit Allem stets am festen Platz

mit dem gleichen Gefühl seit 20 Jahren

ist n u n eine seltsame Ruhe ohne Heimatgefühl

 

noch immer als Gast

noch immer auf ein Zimmer beschränkt

eine D a s e i n s Blase

keine Frage nach damals, heute, morgen

 

geschützte Gefühlswelt

da h i e r ohne Erinnerung an Empfindungen,

die doch sein sollten,

doch fehlen müssten,

die doch zu erwarten wären

 

im A u g e n b l i c k in diesem Haus, diesem Zimmer

bin ich nicht verloren, obgleich stets allein

Szene bei Tagesanbruch

Eine angemessene Zeit abzuwarten, um sie wiederzutreffen, um nie begonnene Gespräche zu beenden, um eventuell vorerst lediglich aus der Ferne, aus der schützenden Glocke des Telefongesprächs oder sogar nur durch Kurznachrichten Kontakt zu suchen, aufzubauen, weiterzuführen, zu halten… erschien ihm mehr als unbequem; unmöglich sogar.

Ab wann ist Zeit angemessen? Wie kann dieses abstrakte Konstrukt, welches stets im Verhältnis mit der Wahrnehmung betrachtet gehört, mit der persönlichen Wahrnehmung wohlbemerkt, überhaupt als etwas gemessen werden, das angemessen ist? Fasst eine solche Wortwahl nicht schon die Meinung Vieler mit ein? Sollte nicht ein Jeder für sich selbst passende Zeitparameter stellen? Zumal Zeitfenster immer eine Endlichkeit mit sich bringen, eine Notwendigkeit der Handlung in eben Diesem, um es nicht zu verpassen… so argumentierte er nun da er seine neue Bekannte nachhause begleitete.

Sie trug ein Lächeln im Gesicht, von welchem er überzeugt war, nie genug bekommen zu können… auch das verriet er ihr.

Desweiteren kam er nicht umhin zu erwähnen, wie er es im Normalfall vermied Menschen wiederzutreffen, wie er eigentlich stets das Zusammenkommen vorzog, um das Interesse erst gar nicht verlieren zu können… sie blickte ihn mit strahlenden Augen an.

Strahlend, denn sie reflektierten das Laternenlicht. Ihr Lächeln hatte sich gelöst und da er spürte, dass sie auch die Bekanntschaft lösen würde, ergriff er ihre Hand: „Für dich will ich mich interessieren lernen! Für dich werde ich passende Worte finden! Für dich werde ich angemessene Zeiten ergründen! Für dich …“, sie zog ihn heran, schloss ihn kurz, zu kurz, in ihre Arme, nickte ihm zu und ließ ihn vor verschlossener Türe zurück.

„Für dich werde ich zuhören!“, hinterließ er als Nachricht auf ihrer Schwelle.

Katze4

Allegorie durch die Seelenfenster

Gedankenströme wie M u s i k

fließend, weich, fliehend, sprudelnd, konzentriert

sich im Kreise drehend

un_endlich

un_wirklich

un_überschaubar

wunder_schön

wunder_lich

Gedankenströme w i e Musik

Abrisse im Loop, im Looping mit sich selbst

Aufschrei im Bandsalat, gelockert, gezwängt, verwickelt bis zur Unkenntlichkeit

Sprünge, geschüttert, ausgesetzt, abgebrochen

Nichts, infiziert, zerstückelt, verloren ohne Backup

G e d a n k e n ströme wie Musik

Texte, Sätze, Worte

Wortteile

Wortfetzen

Laute

Nichts

Gedanken s t r o e m e

Katze4